"Rote Lippen soll man küssen“, heißt es in einem populären Cliff-Richard-Schlager, der am Tag des Kusses, ganz besondere Aktualität besitzt. Noch vor Kurzem glaubte man, dass sich der diesbezügliche menschliche Drang aus der Mund-zu-Mund-Fütterung entwickelt hat, wie wir sie etwa von Vögeln kennen. Neueste Überlegungen orientieren sich allerdings an Tieren, die sich zur Begrüßung oder während der Partnersuche beschnüffeln, vor allem seitwärts am Kopf oder an den Ohren. Hätten sich unsere Vorfahren so verhalten, könnte sich daraus der Kuss entwickelt haben.

Vor der Globalisierung waren Küsse in zahlreichen Kulturen gar nicht bekannt. Dafür gab es Stämme, wo man sich gegenseitig die Augen leckte oder an den Wimpern knabberte. Zudem gab (und gibt) es den sogenannten Nasenkuss oder Riechgruß, bei dem zwei Menschen ihre Nasen aneinander reiben oder sich mit der Nase berühren.

Ob mit Zunge, Nase oder Lippen: Letztlich scheint es darauf hinauszulaufen, dass man sich möglichst nahe kommen will, um sich zu beschnüffeln oder zu schmecken. Dabei nimmt man die Duftstoffe und den Geschmack des anderen sehr intensiv wahr, was mithilft, sich für oder gegen einen potenziellen Partner zu entscheiden.

29 Gesichtsmuskel

Dass Küssen, für das immerhin 29 Gesichtsmuskeln bewegt werden, gesund ist, ist ebenfalls hinlänglich publiziert. Beim Schmusen senden Abertausende Nervenzellen Befehle ans limbische System, wo Drüsenzellen körpereigene Drogen herstellen: Euphorisierende Endorphine beispielsweise oder Hormone wie das Oxytocin, welches Stress abbaut, das soziale Bindungsgefühl steigert und sexuell erregt.

Und nicht zuletzt sorgen Küsse auch für Glücksgefühle, wie zahlreiche Beispiele aus der Welt- und Kulturgeschichte zeigen: von Gustav Klimts „Kuss“ im Wiener Belvedere und berühmten Filmküssen über den Siegerkuss beim Kranzelreiten im Kärntner Weitensfeld bis hin zum Bruderkuss zwischen den kommunistischen Führern Breschnew und Honecker.