Nach dem massiven Erdrutsch in China schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. 118 Dorfbewohner wurden am Sonntag noch unter teils meterhohen Geröllmassen vermisst. 15 Leichen sind bereits gefunden, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Mehr als 3.000 Helfer suchten nach den Opfern.
Nach tagelangen Regenfällen war Samstagfrüh im Kreis Mao in der südwestchinesischen Provinz Sichuan ein Berghang abgerutscht und hatte das Dorf Xinmo mit 62 Häusern komplett unter sich begraben. Es gab nur noch eine hunderte Meter breite Geröllwüste. Der Fluss im Tal wurde über zwei Kilometer Länge zugeschüttet.
Baby als Lebensretter
Das Schreien eines Babys rettete seinen Eltern das Leben. Unmittelbar vor dem Erdrutsch Samstag kurz vor 6.00 Uhr stand Xiao Yanchun auf, um ihrem erst 38 Tage alten Sohn die Windeln zu wechseln. Als sie danach wieder ins Bett gehen wollte, hörten sie und ihr Mann "einen lauten Knall draußen, und das Licht ging aus", wie der Vater Qiao Dashuai schildert. Die Erde bewegte sich.
Plötzlich sah das Paar Schlamm, Wasser und Steine ins Zimmer fließen. "Wir hatten das Gefühl, dass etwas Schlimmes passiert." Die Eltern packten den Säugling und rannten aus dem Haus - während das ganze Dorf hinter ihnen unter Geröllmassen verschwindet.
Die Rettung bleibt die einzig gute Nachricht, die chinesische Staatsmedien bis Sonntag von der Tragödie im Kreis Mao in der Provinz Sichuan berichten. "Wir waren bedeckt mit Erde", sagt die 26-jährige Mutter im Kreiskrankenhaus. Sie seien über die Erdmassen geklettert. Ihr kleiner Sohn habe sogar Erde geschluckt, so dass sein Magen ausgepumpt werden musste. "Das Baby hat uns gerettet", sagt der 26 Jahre alte Vater mit Kopfverband auf dem Krankenbett dem lokalen Fernsehen. In den Erdmassen verschüttet sind die zweijährige Tochter, die Großmutter, etliche andere Menschen
Putin sprach Beileid aus
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich tief betroffen von der Tragödie und sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus, wie sein Sprecher in New York mitteilte. Auch der russische Präsident Wladimir Putin kondolierte der chinesischen Führung wegen des Erdrutsches in einem Telegramm. Die Identität von 118 Vermissten sei bestätigt, berichteten Staatsmedien am Sonntag.
Die Bergungsarbeiten dauerten über Nacht an. Verantwortliche mahnten zur Vorsicht, um weitere Unfälle zu vermeiden. "Leben zu retten hat absoluten Vorrang", sagte der Parteichef der Provinz, Wang Minghui, auf einer Pressekonferenz. Aber auch die Sicherheit der Retter müsse gewahrt werden. Die Behörden warnten vor weiteren Erdrutschen.
20 Meter tief begraben
Die Bergungsarbeiten gestalteten sich schwierig. "Die Vermissten könnten bis zu einer Tiefe von möglicherweise 20 Metern unter der Oberfläche des Gerölls stecken", berichtete der Reporter Zheng Yibing vom Staatsfernsehen vor Ort. Nach seinen Angaben hatte es am Samstagnachmittag bereits einen weiteren Bergrutsch gegeben.
Rund 110 Bewohner von Häusern unweit der Unglücksstelle wurden am Samstagabend in einer nahe gelegene Schule in Sicherheit gebracht, wie Xinhua berichtete. In der hügeligen Gegend leben vor allem Angehörige der Minderheiten der Tibeter und der Qiang. Der Kreis Mao liegt in etwa 2.000 Meter Höhe in der Präfektur Aba rund 200 Kilometer nördlich von der Provinzhauptstadt Chengdu.
Keine Touristen betroffen
Erste Sorgen, dass vielleicht auch Touristen betroffen gewesen sein könnten, erwiesen sich nach amtlichen Angaben als unbegründet. Alle 142 Touristen, die am Freitag in das Gebiet gefahren seien, hätten erreicht werden können, berichtete Xinhua.
Das Gebiet gilt als geologisch schwierig. Nur 60 Kilometer entfernt passierte 2008 das verheerende Erdbeben von Wenchuan, bei dem 87.000 Menschen ums Leben kamen. Seit Wochen gehen in China heftige sommerliche Regenfälle nieder, die jedes Jahr schwere Überschwemmungen und häufig Erdrutsche auslösen.
(Schluss) tsc