In Ostafrika sind Millionen Flüchtlinge unterwegs. Von Migrationsbewegungen größten Ausmaßes berichtet Pater Shane Burke, der dort die Hilfsprogramme der Jesuiten (JRS) koordiniert. Das JRS-Einsatzgebiet in der Region umfasst Kenia, Äthiopien, Südsudan, Sudan und Uganda. Im Brennpunkt steht derzeit der Südsudan-Konflikt.
Oft keine Hilfe
Rund 900.000 Südsudanesen sind nach Nord-Uganda geflüchtet, sagt Burke im APA-Gespräch in Wien. Das JRS betreut Flüchtlinge aus Ländern Afrikas und auch aus Nahost - aus Äthiopien, der Demokratischen Republik Kongo und Burundi, aber auch aus dem Jemen und Syrien. Die größte Gruppe sind die Südsudanesen. Geschätzte 50.000 halten sich in Nairobi und Kampala auf. Diese "Urban Refugees", die nicht in Camps leben, erhalten oft keine Hilfe. Internationale Organisationen übertragen in solchen Fällen vielfach die Obsorge an das Jesuiten-Hilfswerk. Lokale Bürger in den afrikanischen Städten sind oft noch ärmer dran als die Flüchtlinge, die Zuwendungen erhalten, schildert der irische Jesuit.
Der katholische Orden hat die Verantwortung für große Flüchtlingslager übernommen. So wird das Camp Kakuma in Kenia mit 170.000 Menschen vom JRS Ostafrika betreut, ebenso eines mit rund 200.000. Die meisten dieser Flüchtlinge kommen aus dem Südsudan und aus Somalia. Im Sudan selbst gibt es darüber hinaus rund 2 Millionen Binnenflüchtlinge (IDPs). Uganda ist nach den Worten von Pater Shane bei der Aufnahme von Flüchtlingen offener eingestellt als Kenia. Im Norden Ugandas leben bereits mehr Flüchtlinge als Einheimische. Die Präsenz von NGOs ermöglicht auch einheimischen Kindern den Schulbesuch. Von der kenianischen Regierung hingegen seien viele Somalis zurückgeschickt worden.
Viele verschiedene Ursachen
Diese "riesige, anhaltende Krise" ist laut Pater Shane auf vielfältige Ursachen zurückzuführen. Im Südsudan sei der dortige kriegerische Konflikt (zwischen Nord und Süd, Muslimen und Christen) der Auslöser, in Eritrea herrsche ein rigides Militärregime, Somalia werde von Konflikten und großer Dürre heimgesucht, im Kongo und in Burundi gebe es "einen Mix" aus Fluchtgründen. Generell spiele aber überall auch der ökonomische Aspekt eine Rolle - d.h. Menschen verlassen aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat.
Der Hauptkoordinator und Hauptspender der internationalen Hilfen ist das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, das UNHCR, erläutert Pater Shane. Er unterstreicht die enge Kooperation zwischen UNHCR und JRS Ostafrika, für das er die Hilfen koordiniert. Sein Sitz ist Nairobi, doch ständig besucht er Flüchtlingslager in der gesamten Region, um die Bedürfnisse zu erkunden. Es gehe nicht nur um Programme zu Nahrungsversorgung, sondern auch um Schulprogramme und psychologische Unterstützung. Auch innerhalb der Communities gibt es Probleme aufgrund von unterschiedlichen Sprachen, Stämmen, Traditionen und Religionen. "Freund und Feind leben in Lagern zusammen."
In der Ostafrika-Region sind zehn bis 15 Jesuiten tätig. Dazu kommen feste lokale Mitarbeiter; in Kenia sind dies 30. Ferner werden aus Kreisen der Flüchtlinge Helfer ("incentive staff") ausgebildet. Diese rund 400 Mitarbeiter werden nach den Worten von Pater Shane auch für die psychologische Betreuung der Flüchtlinge und zur Überwindung von Sprachbarrieren eingesetzt. Hungerkrisen haben zuletzt die Migrationsprobleme noch verschärft. Bei der Tätigkeit des JRS gelte, so der Jesuit: keine Diskriminierung von Nationalitäten und Religionen. Es gehe darum, die Würde der betroffenen Menschen wiederherzustellen und ihnen Hoffnung zu geben.
Auf seiner gegenwärtigen Europa-Reise führt Pater Shane Burke Gespräche mit Sponsoren und informiert über Migrationsprobleme in Ostafrika, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft im Schatten der Nahost-Flüchtlingskrise stehen. Zu den möglichen Flüchtlingsströmen nach Europa meint er, oft laufe das Migrationsgeschehen in zwei Etappen ab: zuerst innerhalb von Afrika, dann Richtung Europa. "Aber viele Flüchtlinge wollen gar nicht nach Europa", ergänzte Burke.