Nach dem Terroranschlag von London hat die Polizei nach eigenen Angaben die drei Attentäter identifiziert. Die Namen würden veröffentlicht, "sobald es die Ermittlungen erlauben", teilte die Londoner Polizei am Montagmorgen mit. Jetzt gehe es darum herauszufinden, ob die Männer weitere Helfer bei der Planung des Anschlags gehabt hätten, sagte Polizeichefin Cressida Dick.
Wie die britische "Daily Mail" berichtet, wurde einer der drei Attentäter im Vorfeld der Polizei als Extremist gemeldet. Er soll sogar in TV-Aufnahmen zu einer Islamisten-Doku zu sehen gewesen sein.
Am Montag teilten die Gesundheitsbehörden mit, dass noch 36 Verletzte im Krankenhaus behandelt würden. 21 von ihnen schwebten demnach in Lebensgefahr. Am Montagabend gab die Polizei die Identitäten von zwei der drei Angreifer bekannt: Khuram Butt, 27 Jahre alt, war verheiratet und lebte seit einigen Jahren in Barking, im Osten Londons. Butt sei ein in Pakistan geborener Brite, teilte die Polizei am Montag mit. Er war Polizei bekannt, es gab jedoch keine Terror-Hinweise. Der andere, Rachid Redouane ist 30 Jahre alt, auch er wohnte in Barking. Redouane sei nach eigenen Angaben marokkanischer und libyscher Abstammung. Über die dritte Person wurde noch nichts bekannt.
Mittlerweile wurde bekannt, dass einer der Attentäter, Khuram Butt, in einer Channel 4-Dokumenation über Extremismus vorkam:
Angreifer erschossen
Augenzeugen berichteten, die Angreifer hätten "Das ist für Allah" gerufen. Acht Minuten nach dem ersten Notruf erschossen Polizisten die drei Männer, die Sprengstoffattrappen trugen. Acht Polizeibeamte hätten die "beispiellose" Zahl von 50 Schüssen auf die drei Angreifer abgegeben, teilte Mark Rowley von der Londoner Polizei mit. Dabei habe auch ein Unbeteiligter eine Schusswunde erlitten.
Nur Stunden nach dem Anschlag rückten Einsatzkräfte zu Razzien im multi-ethnischen Viertel Barking im Osten Londons aus. Dabei wurden sieben Frauen und fünf Männer im Alter zwischen 19 und 60 Jahren festgenommen. Einer der Festgenommenen, ein 55-jähriger Mann, wurde später wieder freigelassen.
Regierung hält weiteren Anschlag für "sehr wahrscheinlich"
Die britische Premierministerin Theresa May befürchtet einen weiteren Terroranschlag in Großbritannien. Die Behörden schätzten die Gefahr für die nationale Sicherheit weiterhin als "schwerwiegend" ein, sagte May am Montag nach einem Krisentreffen mit Vertretern der wichtigen Sicherheitsbehörden in London. "Das bedeutet, dass ein terroristischer Angriff sehr wahrscheinlich ist."
May nahm am Montag den Wahlkampf wieder auf. "Das Leben unserer Demokratie muss weitergehen", sagte May in London. "Die Frage nach Führung war immer im Zentrum dieser Kampagne." Es gehe darum, jemanden zu haben, der die Aufgabe stemmen könne. Sie biete eine "starke und stabile Führung", und die sei heute "wichtiger denn je" - nicht nur mit Blick auf die Terrorbekämpfung, sondern auch bei den bevorstehenden Gesprächen zum geplanten EU-Austritt.
Die Brexit-Verhandlungen sollen nach den Wahlen am Donnerstag beginnen. Wegen des Terroranschlags hatten die großen Parteien am Sonntag vorübergehend den Wahlkampf ausgesetzt.
May bestätigte, dass die Identität der mutmaßlichen Attentäter der Polizei bekannt sei. Die Regierungschefin lobte erneut die Polizisten und Rettungskräfte für ihren "außerordentlichen Heldenmut".
Bei dem Terroranschlag in London wurden nach offiziellen Angaben vier Polizisten verletzt worden, davon einer schwer. Der Mann, der nicht im Dienst war und nur zufällig in der Nähe, sei weiterhin in kritischem Zustand, teilte die Polizei am Montag in der britischen Hauptstadt mit. Die Sicherheitskräfte hätten Stichverletzungen erlitten.
Nach dem Terroranschlag von London hat der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, Regierungschefin Theresa May zum Rücktritt aufgefordert. Wenige Tage vor der britischen Parlamentswahl verwies Corbyn darauf, dass May in ihrer Zeit als Innenministerin mitverantwortlich dafür gewesen sei, dass es heute 20.000 weniger Polizisten gebe als 2010.
Terror als "neue Realität"
Nach den verheerenden Terroranschlägen in Großbritannien in den vergangen Wochen hat die Londoner Polizeichefin Cressida Dick die Bedrohung als "neue Realität" bezeichnet. "Das waren wirklich ein paar grauenhafte Wochen", sagte Dick der BBC am Montagmorgen mit Blick auf die Attacken in Manchester und London.
"Wir werden uns ändern und an das gewöhnen, was scheinbar für uns zu einer neuen Realität geworden ist." Die nötigen Ressourcen zur Terrorbekämpfung seien vorhanden, sagte die Polizeichefin. "Seit 2013 haben wir, glaube ich, 18 geplante Anschläge vereitelt." Im Schnitt werde täglich ein Mensch im Kampf gegen den Terror verhaftet, und die Geheimdienste seien sehr effizient. "Wir tun alles, was in unserer Macht steht." Jetzt gehe es zunächst darum, die Bevölkerung in London und landesweit zu schützen, sagte Dick. Dazu werde die Polizeipräsenz unter anderem auf den Straßen und bei öffentlichen Veranstaltungen erhöht.
Die Polizeichefin der britischen Hauptstadt würdigte den außerordentlichen Einsatz der Beamten. Vor allem ein nicht diensthabender Polizist, der zufällig mit Freunden am Borough Market unterwegs gewesen sei, als die Terroristen dort Menschen mit Messern angriffen, habe sich "absolut heldenhaft" verhalten, sagte Cressida Dick der BBC am Montagmorgen. Der Mann habe ohne zu zögern eingegriffen und mit bloßen Händen gegen die drei Terroristen gekämpft. Dabei habe er sich selbst ernsthafte Verletzungen zugezogen.
IS reklamiert Anschlag für sich
Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hat den Terroranschlag in London für sich reklamiert. Kämpfer des Islamischen Staates hätten die Tat ausgeführt, teilte das IS-Sprachrohr Amaq am Sonntagabend im Internet mit. Die Nachricht konnte zunächst nicht auf Echtheit überprüft werden. Sie wurde aber über für den IS übliche Kanäle und in der üblichen Form verbreitet.
Bei dem Anschlag in London waren am späten Samstagabend sieben Menschen getötet worden. Knapp 50 Menschen wurden verletzt. Die Polizei erschoss die drei mutmaßlichen Attentäter. Details zu den Angreifern gaben die Behörden bisher nicht bekannt.
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Drittes Attentat in drei Monaten
Es war das dritte Attentat binnen drei Monaten in dem Land - nach Manchester im Mai und wiederum London im März. Damit hat der IS nunmehr alle drei für sich beansprucht.
Nach dem Attentat vom Wochenende kündigte die britische Premierministerin Theresa May eine härtere Gangart im Anti-Terror-Kampf an. "Jetzt reicht's", sagte die Regierungschefin am Sonntag. Wenige Tage vor der Parlamentswahl stellte sie einen Vier-Punkte-Plan vor, der sich auch gegen den radikalen Islamismus richtet. "Wir können und wir dürfen nicht so tun, als ob alles einfach so weitergehen könnte. Etwas muss sich ändern", sagte May.
Sie stellte einen Vier-Punkte-Plan zur Bekämpfung des Terrorismus sowie des islamischen Extremismus vor. "Wir müssen viel stärker daran arbeiten, ihn zu erkennen und ihn aus dem öffentlichen Dienst und der Gesellschaft auszurotten." Mit dem Begriff "öffentlicher Dienst" spricht May vermutlich das Schulwesen an. Es gebe "viel zuviel Toleranz für Extremismus in unserem Land", sagte sie. Am Donnerstag wählen die Briten ein neues Parlament.
May drang zugleich auf eine bessere Überwachung und Regulierung des Internets und von Messenger-Diensten an. Extremisten dürften dort keine Rückzugsorte mehr finden. Sie betonte, dafür brauche es internationale Vereinbarungen.
Mahnwache am Montag
Londons Bürgermeister Sadiq Khan rief für Montag (18.00 Uhr Ortszeit/19.00 Uhr MESZ) zu einer Mahnwache im Potters Fields Park auf, um der Opfer des Anschlags vom Samstag zu gedenken. Die Grünfläche liegt am Rathaus an der Themse und unweit der London Bridge, auf der die Terrorattacke am Samstagabend begonnen hatte.
Als Zeichen der Solidarität mit London und seinen Bewohnern wurde in Berlin am Sonntagabend das Brandenburger Tor mit dem "Union Jack", der britischen Flagge, angestrahlt.
Das letzte Attentat in Großbritannien liegt gerade einmal zwei Wochen zurück: In Manchester hatte am 22. Mai ein Selbstmordattentäter nach einem Auftritt der US-Sängerin Ariana Grande 22 Menschen mit in den Tod gerissen. Bei einem Benefizkonzert in der nordenglischen Stadt gedachte Grande am Sonntagabend gemeinsam mit Kollegen wie Miley Cyrus und Justin Bieber sowie 50.000 Zuhörern der Opfer dieses Anschlags. Zugleich wollten sie ein Zeichen gegen den Terror setzen. Das Konzert stand unter dem Motto "One Love Manchester".
Trump legt mit Vorwürfen nach
US-Präsident Donald Trump lässt mit seiner Kritik an seinem erklärten britischen Gegner, Londons Bürgermeister Sadiq Khan, nicht locker. Nachdem er Khan am Vortag mit einem offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat vorgeworfen hatte, die terroristische Bedrohung in London nicht ernst zu nehmen, legte Trump am Montag nochmals nach.
In einer weiteren Erklärung im Kurzmitteilungsdienst Twitter beschuldigte er Khan, auf seine Kritik mit einer "erbärmlichen Ausrede" reagiert zu haben. Hintergrund ist ein BBC-Interview des Londoner Bürgermeisters vom Sonntag, in dem dieser nach dem Terroranschlag im Herzen seiner Stadt versuchte, die Bürger zu beruhigen. Unter anderem sagte er, die Menschen würden auf eine verstärkte Polizeipräsenz stoßen, darunter auch auf bewaffnete Polizisten - doch gebe es "keinen Grund, sich zu ängstigen".
Daraufhin twitterte Trump: "Mindestens sieben Tote und 48 Verletzte bei einer Terrorattacke und der Bürgermeister von London sagt, es gebe 'keinen Grund, alarmiert zu sein'". Khan selbst reagierte nicht auf den Vorwurf, doch sein Sprecher erklärte später, der Bürgermeister der britischen Hauptstadt habe "Besseres zu tun", als auf einen "schlecht informierten Tweet" des US-Präsidenten zu antworten. So müsse Khan unter anderem "die Antwort auf diese schreckliche und feige terroristische Attacke koordinieren".
Khans Sprecher warf Trump vor, die Aussage bewusst aus dem Zusammenhang gerissen zu haben, während viele Medien sich beeilten, das gesamte Zitat des Bürgermeisters zu veröffentlichen. Auch dazu nahm der US-Präsident in seiner jüngsten Kurzbotschaft Stellung: "MSM (Mainstream Media) arbeiten hart daran, das zu verkaufen", erklärte er und unterstellte damit Londons Bürgermeister und den Medien, gemeinsame Sache zu machen, um einen neuen Kontext für die Aussage zu erfinden.