Derzeit sammeln vier Sentinel-Satelliten Informationen über den Zustand der Erde, heuer sollen weitere zwei gestartet werden - "ein Rekord", wie der ESA-Direktor für Erdbeobachtung, Josef Aschbacher, zur APA sagte.
Bis 2021 sollen im Rahmen des europäischen Erdbeobachtungsprogramms "Copernicus" insgesamt zehn Sentinel-Satelliten (englisch für Wächter) um die Erde kreisen. Sentinel-1A machte 2014 den Anfang, ein Jahr später folgte 2A, 2016 dann 3A und 1B. Nun startet Sentinel-2B, Mitte des Jahres folgt 5P als Vorbote (engl. "precursor") für den für 2020 geplanten "Sentinel-5" und Ende dieses Jahres Sentinel-3B.
Umweltüberwachungssystem
"Drei Sentinel-Starts in einem Jahr sind ein Rekord und halten uns sehr auf Trab", sagte Aschbacher. Für den Tiroler Geophysiker, der seit dem Vorjahr den Erdbeobachtungs-Bereich bei der Europäischen Weltraumagentur ESA leitet, ist "Copernicus" "einzigartig, wir bauen damit das weltbeste Umweltüberwachungssystem auf". Das in Partnerschaft von ESA und Europäischer Kommission durchgeführte Projekt sei ein gutes Beispiel, wie gut verschiedene Institutionen in Europa kooperieren.
Sentinel-2B wird - um 180 Grad versetzt - in die gleiche Umlaufbahn in knapp 800 Kilometern Höhe wie sein Zwilling 2A gebracht. Damit decken die beiden Sonden alle fünf Tage alle Landoberflächen, großen Inseln sowie Binnen- und Küstengewässer zwischen 56 Grad südlicher und 84 Grad nördlicher Breite ab.
Mit Hilfe einer hochauflösenden Multispektral-Kamera liefern die zwei Satelliten der 2er-Serie Bilddaten vom sichtbaren Licht bis zum kurzwelligen Infrarotbereich. Daraus lassen sich u.a. Informationen für die Landwirtschaft ablesen, über Zustand und Veränderung von Landoberflächen sowie von Wäldern und die Verschmutzung von Seen und Küstengewässern.
Österreichische Unternehmen am Bau beteiligt
Auch österreichische Unternehmen waren am Bau der Satelliten beteiligt: Von RUAG Space Österreich stammen die GPS-Navigationsempfänger für die 2er-Serie. Diese ermöglichen die für die Vermessungsaufgaben notwendige präzise Positionsbestimmung der Sonden. Die Wiener Siemens-Tochter Convergence Creators stellte eine Reihe von Testgeräten etwa zur Überwachung der Satellitensignale zur Verfügung, die vor dem Start eingesetzt wurden.
Laut Aschbacher ist Europa mit den Sentinel-Satelliten "der größte Datenlieferant im Erdbeobachtungsbereich", wobei die gesamten Daten frei zugänglich sind. Auf dem offenen Datenportal gebe es mittlerweile 64.000 registrierte Nutzer. Zur Verwaltung der enormen Datenmengen, die täglich von den Satelliten kommen, werden europaweit Datenzentren aufgebaut, in Österreich ist vergangenes Jahr der "Sentinel National Mirror Austria" in Betrieb gegangen.
Für die Wissenschaft seien die Erdbeobachtungsdaten mittlerweile eine der wichtigsten Quellen, um Untersuchungen über den Zustand des Planeten durchzuführen. Bei der kommerziellen Nutzung der Daten stehe man erst am Anfang, sagte Aschbacher. Zur Abschätzung der landwirtschaftlichen Produktion würden Sentinel-Daten aber bereits regelmäßig verwendet, ebenso von Reedereien, um die Schifffahrt über die Eisbedeckung in nördlichen Breiten zu informieren.
Aschbacher verweist auf Marktstudien, wonach im vergangenen Jahrzehnt der Dienstleistungssektor in Europa, der aus Erdbeobachtungsdaten Information ableitet, um etwa acht bis zehn Prozent pro Jahr gewachsen ist und ähnliche Wachstumsraten für die nächsten zehn Jahre vorhergesagt werden. "Einer anderen Studie von PricewaterhouseCoopers zufolge bringt jeder in 'Copernicus' investierte Euro rund zehn Euro an Wirtschaftsleistung nach Europa zurück, indem sich neue Geschäftsbereiche entwickeln bzw. neue Firmen entstehen, die mit diesen Daten arbeiten", so Aschbacher.