Seit Ende Dezember waren auf der Facebookseite "Little Miss & Mister" zahlreiche Fotos von Kindern zusammengekommen, darunter Bilder von Babys und Kleinkindern - zum Teil nahezu nackt, in der Badewanne, in Unterwäsche oder in Badebekleidung am Strand.
Das Profilbild der Seite zeigt ein Kind, das sich mit einem Lippenstift schminkt. Nachdem die Seite mit rund 660 Abonnenten kurzzeitig nicht aufrufbar war, hat sie inzwischen mit rund 35 Abonnenten einen Neustart hingelegt.
Die Betreiber der Seite geben an, sie wollten Eltern auf die Gefahren öffentlicher Bilder aufmerksam machen und sie dazu bewegen, keine Bilder ihrer Kinder mehr zu posten. Der Administrator gibt Hinweise, wie der Originaleintrag gelöscht werden kann. "Auch ihr Kind kann der Star von morgen werden", heißt es in den Informationen.
Wer steckt dahinter?
Wer dahinter steckt, bleibt im Unklaren. Die Betreiber der Facebookseite geben sich den offensichtlich ironisch gemeinten Namen "SAsha TIschREin", ein Buchstabenspiele mit dem Begriff "Satire". Mails an die auf der ursprünglichen Seite angegebene belgische E-Mail-Adresse kommen als unzustellbar zurück, Anrufe bei einer angegebenen Nummer führen zu Personen, die anscheinend nichts mit der Seite zu tun haben. Unter den auf der ursprünglichen Seite angegebenen Kontaktdaten ist niemand erreichbar, der sich dazu äußert. Auf eine Anfrage via Facebook-Nachricht heißt es: "Das www ist voll von üblen Menschen, die diese Bilder für ihre Zwecke missbrauchen und dem wollen wir entgegenwirken."
Einige Facebook-Nutzer sehen die Seite skeptisch und befürchten, sie könne Pädophile anlocken. Facebook äußerte sich zu dem konkreten Fall nicht, wies aber darauf hin, dass jeder über die Privatsphäre-Einstellungen bestimmen könne, wer private Fotos sehen kann. Internet-Experten und auch die Polizei warnen regelmäßig davor, Fotos von Kindern in sozialen Netzwerken zu posten.
Der deutsche Cyberkriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger von der Fachhochschule der Polizei des deutschen Bundeslandes Brandenburg sieht in dem Trend zum "Sharenting", einem Kunstwort aus "share" (teilen) und "parenting" (Kindererziehung), die Wurzel des Übels. Wenn Eltern keine Bilder von ihren Kindern öffentlich machten, gäbe es auch eine solche Seite nicht. "Bilder von erkennbaren Kindern haben im Netz prinzipiell nichts verloren", sagt Rüdiger. Die Polizei Hagen machte bereits im Jahr 2015 Schlagzeilen mit dem Aufruf "Hören Sie bitte auf, Fotos Ihrer Kinder für jedermann sichtbar bei Facebook und Co zu posten! - Auch Ihre Kinder haben eine Privatsphäre!" Diesen Aufruf hat auch die Seite "Little Miss & Mister" gepostet.
Einer US-Studie zufolge sind inzwischen 90 Prozent der Unter-Zwei-Jährigen schon im Netz präsent. Für Rüdiger ist dies eine Auswirkung des "digitalen Narzissmus" der Eltern. "Viele zeigen diese Bilder ja nicht, weil sie damit ihren Kindern etwas Gutes tun möchten, sondern weil sie hoffen, mit den Bildern Anerkennung zum Beispiel in Form von Likes und Kommentaren zu bekommen." Sein Grundsatz: "Man sollte Bilder nur denen zur Verfügung stellen, denen man auch sein Kind anvertrauen würde. Und das trifft ja in den seltensten Fällen auf 300 Facebook- oder Instagramfreunde zu."