Sieben Jahre und sieben Monate nach einem Zugsunglück mit 32 Todesopfern in der toskanischen Küstenstadt Viareggio sind am Dienstag in Lucca zwei österreichische Manager zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Beide erhielten neun Jahre Haft. Der ehemalige Chef der italienischen Bahn bekam sieben Jahre Gefängnis.

Schwerstes Zugsunglück seit 20 Jahren

Am 29. Juni 2009 war ein Güterzug in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs von Viareggio entgleist, worauf einer der mit Flüssiggas befüllten Tankwaggons explodierte. Die Detonation und der anschließende Großbrand richteten im Zentrum der Stadt schwere Verwüstungen an. Rund 1000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Es war das schwerste Zugsunglück in Italien seit mehr als 20 Jahren.

Einer der verurteilten Österreicher war der Chef der in Wien ansässigen Firma GATX Rail Austria GmbH - die Eigentümerin des entgleisten und explodierten Kesselwaggons. Die Staatsanwälte hatten zehn Jahre Haft für ihn beantragt. Für den zweiten Manager der Firma, ebenfalls ein Österreicher, hatte die Staatsanwaltschaft acht Jahre und drei Monate beantragt. Aber auch er erhielt neun Jahre. Die GATX Rail Austria GmbH wurde zur Zahlung einer Geldstrafe von 480.000 Euro verurteilt.

Der ehemalige italienische Bahnchef Mauro Moretti erhielt im langen Verfahren mit 145 Anhörungen sieben Jahre Haft. Für Moretti, derzeit Chef des Rüstungskonzerns Leonardo Finmeccanica, hatten die Staatsanwälte 16 Jahre Haft gefordert. Der amtierende Bahnchef Mario Michele Elia wurde zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

Insgesamt 32 Angeklagte

Weitere Haftstrafen wurden über Techniker und Manager der GATX Rail Deutschland sowie der deutschen Firma Jugenthal Waggon Hannover verhängt, die für die Wartung des entgleisten Kesselwaggons zuständig war. Die Angeklagten mussten sich unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Auslösen einer Brandkatastrophe verantworten. Einigen von ihnen wird auch vorgeworfen, Sicherheitsvorschriften verletzt zu haben. Acht der insgesamt 32 Angeklagten wurden freigesprochen.

Das Unternehmen GATX Rail Austria GmbH plant, gegen das Urteil zu berufen. GATX wolle alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das Urteil anzufechten, hieß es in einer Stellungnahme.  "Wir sind überzeugt, dass die Beweislage der Entscheidung des Gerichtes widerspricht und im Gegenteil klar zeigt, dass unsere Mitarbeiter immer korrekt, sorgfältig und gemäß den höchsten beruflichen Standards gehandelt haben."

Am 29. Juni 2009 war ein Güterzug in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs von Viareggio entgleist, worauf einer der mit Flüssiggas befüllten Tankwaggons explodierte.
Am 29. Juni 2009 war ein Güterzug in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs von Viareggio entgleist, worauf einer der mit Flüssiggas befüllten Tankwaggons explodierte. © EPA

Mehrere Angehörige brachen bei der Verlesung des Urteils in Tränen aus. Sie hatten am Dienstagvormittag im Gerichtssaal 32 Sessel aufgestellt, auf denen sich T-Shirts mit den Porträts der Todesopfer befanden. Die Verurteilten können in Berufung gehen. Laut italienischen Medien werden sie ihre Strafe möglicherweise nicht antreten. Denn die Revisionsverfahren könnten sich so lange hinziehen, bis die Haftstrafen verjährt sind.

Der Güterzug in Viareggio bestand aus 14 Druckgaskesselwaggons, die im Eigentum der GATX Rail Austria GmbH und ihrer Tochterunternehmen standen. Die Staatsanwälte behaupten, dass in einem der Radsätze ein Riss vorhanden war, der zum Zeitpunkt der letzten Inspektion durch GATX hätte erkannt werden müssen. Da er aber vermutlich übersehen worden sei, habe der Riss die Entgleisung und das Bersten des Tanks verursacht. GATX wies jedoch darauf hin, dass der Tank mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine senkrecht im Boden verankerte Stahltraverse aufgerissen wurde, die in den Verantwortungsbereich der italienischen Staatsbahn fällt.