Rund 15 Jahre nach der Explosion in einer südfranzösischen Chemiefabrik mit 31 Toten hat ein neuer Prozess zu der Industriekatastrophe begonnen. Der damalige Werksleiter und ein Tochterunternehmen des Energieriesen Total müssen sich seit Dienstag in Paris wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten. Der Mammutprozess mit 187 Zeugen und fast 2700 Nebenklägern ist auf vier Monate angesetzt.
Bei der Explosion in der Fabrik AZF am Stadtrand von Toulouse am 21. September 2001 waren 31 Menschen ums Leben gekommen, als hunderte Tonnen gelagertes Ammoniumnitrat explodierten. Die Detonation mit einer Sprengkraft von hundert Tonnen TNT riss einen zehn Meter tiefen Krater mit einem Durchmesser von fünfzig Metern in die Erde. Tausende Häuser und Wohnungen im Umkreis von mehreren Kilometern wurden beschädigt.
Bereits dritter Prozess zur Katastrophe
Als Grund für die schwerste Industriekatastrophe in Frankreich seit dem Zweiten Weltkrieg gilt Nachlässigkeit. Zweifelsfrei bewiesen wurde das aber nie. Die Verteidiger dürften während des Prozesses argumentieren, dass auch ein Anschlag nicht ausgeschlossen werden könne.
Es ist bereits der dritte Prozess zu der Katastrophe: Nach einem Freispruch in erster Instanz 2009 wurden der angeklagte frühere Verantwortliche der Fabrik und die Total-Tochter Grande Paroisse drei Jahre später in einem Berufungsverfahren schuldig gesprochen. Der Oberste Gerichtshof kippte das Urteil aber wegen Zweifeln an der Unbefangenheit eines Richters.
Bei einer Verurteilung drohen dem damaligen Werksleiter bis zu drei Jahre Haft. Gegen Grande Paroisse könnte eine Geldstrafe von 225.000 Euro verhängt werden. Die Nebenkläger fordern, dass auch Total und dem früheren Konzernchef Thierry Desmarest der Prozess gemacht wird. Viele Betroffene sehen in ihnen die wahren Schuldigen.