Die Bergung der Lawinenopfer in dem verschütteten Hotel in Farindola in Mittelitalien ist am Dienstag, dem sechsten Tag nach dem Unglück, zügiger vorangekommen. Die Zahl der Todesopfer stieg am Dienstag auf 17, teilten die Rettungsmannschaften mit. Weitere zwölf Personen wurden noch vermisst. Neun Personen konnten bisher lebend aus den Trümmern und Schneemassen befreit worden. Ungeachtet der schwindenden Hoffnung, noch Überlebende zu finden, setzten die erschöpften Einsatzkräfte ihre Suche fort.
Schon länger kein Lebenszeichen
Aus dem Vier-Sterne-Hotel am Hang des Gran-Sasso-Massivs im Herzen der Apennin-Region Abruzzen gab es seit längerer Zeit kein Lebenszeichen mehr. Zu den Todesopfern zählt auch ein 22-jähriger Flüchtling aus dem Senegal, der seit einigen Monaten als Tellerwäscher im Hotel Rigopiano gearbeitet hatte. Der Mann war seit 2009 in Italien. Auch die Eltern eines lebend geborgenen Buben zählen zu den Todesopfern, von denen sechs noch identifiziert werden müssen.
Zu den Leichen, die aus den Trümmern geholt wurden, zählt die Hotelmitarbeiterin Linda Salzetta. Ihr Bruder, der ebenfalls im Hotel arbeitete, hatte als erster Alarm geschlagen und Hilfe gerufen. Er hatte mit dem 38-jährigen Koch Giampiero Parete die Nacht im Auto verbracht, bevor nach stundenlangem Warten die Retter eintrafen.
"Wir suchen weiter, bis wir alle gefunden haben. Wie lang das noch dauern wird, ist im Moment noch schwer zu bewerten", berichtete Zivilschutzchef Fabrizio Curcio am Dienstag. Die ermittelnde Staatsanwältin Cristina Tedeschini betonte, die Verspätung beim Start der Rettungsaktion habe etwa eine Stunde betragen und könne nicht als "entscheidend" betrachtet werden. Sie ermittelt jedoch wegen Fahrlässigkeit gegen Unbekannt.
Drei Tiroler Bergretter unterstützen unterdessen die italienischen Rettungskräfte bei der Suche nach Vermissten. Mit Dampfsonden, die bei der Suche nach Verschütteten im Schnee eingesetzt werden, reisten sie zum Unglücksort und suchten nach Überlebenden. Die Dampfsonden, die von Glaziologen bei der Gletschermessung entwickelt wurden, schmelzen drei Zentimeter große Löcher ins Eis. Eine Kanalkamera liefert dann entsprechende Bilder.
Gegend galt nicht als lawinengefährdet
Offenbar rechnete niemand mit dem Unglück. "In den vergangenen 70 Jahren wurde noch nie eine Lawine in Betracht gezogen", meinte der ehemalige Bürgermeister von Farindola, Massimiliano Giancaterino, dessen Bruder im Hotel ums Leben kam. Auch nach Angaben des Vorsitzenden des italienischen Geologen-Rats, Francesco Peduto, galt die Gegend bisher als wenig lawinengefährdet. Erst der ungewöhnlich harte Winter und die Erdbebenserie am Mittwoch hätten zu der Tragödie geführt.
Am Dienstag fanden die Begräbnisse einiger Todesopfer statt. In der Ortschaft Farindola wurde der Kellner des Hotels, Alessandro Giancaterino, beigesetzt. Die Region Marke verabschiedete sich von drei Personen, die ums Leben kamen. Giancaterino war der Bruder des früheren Ortsbürgermeisters Massimiliano Giancaterino, dem vorgeworfen worden war, vor zehn Jahren Bestechungsgelder für die Genehmigung der Renovierung des betroffenen Hotels angenommen zu haben.
Unterdessen gingen die von der Staatsanwaltschaft in Pescara am vergangenen Donnerstag eingeleiteten Ermittlungen wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung weiter. Das auf 1200 Metern Höhe gelegene Hotel "Rigopiano" wurde 1972 an der Stelle einer einfachen Schutzhütte im Naturschutzgebiet des Gran-Sasso-Massivs in den Abruzzen eröffnet und vor zehn Jahren zu einem Vier-Sterne-Haus mit beheiztem Außenpool und Sauna ausgebaut. Ermittler waren längere Zeit dem Verdacht nachgegangen, dass Gemeindevertreter bestochen wurden, um den Ausbau des Hotels zu ermöglichen. Im vergangenen November wurden die Ermittlungen eingestellt.
Die örtlichen Behörden werden zudem kritisiert, weil sie offenbar nach dem Erdbeben nicht dafür sorgten, dass die Straße zum Hotel vom Schnee geräumt wurde. Dadurch konnten die Gäste das Hotel nicht rechtzeitig verlassen.
Rettungshubschrauber stürzte ab
Unweit des verschütteten Hotels ereignete sich am Dienstag ein weiteres Unglück: Ein Rettungshubschrauber stürzte nach Polizeiangaben ab, während er zur Bergung eines verletzten Skifahrers im Einsatz war. Alle sechs Insassen, darunter der Verletzte, kamen ums Leben.