58 Stunden lang hat eine Gruppe von Überlebenden warten müssen, bis sie aus dem von einer Lawine verschütteten Hotel Rigopiano in der mittelitalienischen Region Abruzzen geborgen werden konnte. Unter ihnen war die 22-jährige Giorgia Galassi, die sich mit ihrem Verlobten Vincenzo Forti im Hotel am Hang des Gran-Sasso-Gebirges befand.

"Nach der Erdbebenserie am Mittwoch waren alle Hotelgäste verängstigt und wollten abreisen. Wir warteten in einem Saal auf die Straßenräumung, um abfahren zu können", berichtete die junge Frau aus der Adria-Stadt Giulianova im Gespräch mit italienischen Medien. Der elegante Saal wurde zur Falle, als am Mittwoch um 17.40 eine Lawine über das Hotel Rigopiano einbrach. "Wir waren komplett von der Welt abgeschnitten, man hörte nichts. Es war, als wären wir in einer Schachtel gefangen. Alles war dunkel", erzählte die Frau.

Gesungen, um wach zu bleiben

Bei dem jungen Paar befand sich ein verletzter Mann, der gerettet werden konnte und am Arm operiert werden musste. Auch Adriana Parete, Ehefrau des Kochs, der als erster Alarm geschlagen hat, und ihr Sohn Gianfilippo und ein weiteres Kind sind in dem Raum. "Die Kinder waren fantastisch, sie haben nie geweint und sich nie beklagt", berichtete Giorgia. Mit den Smartphones versuchten die Verschütteten herauszufinden, ob es Auswege gibt. Nach einigen Stunden gingen die Handys jedoch aus.

"Eine junge Frau, Francesca, hat geweint, weil sie ihren Mann nicht mehr gefunden hat. Wir haben versucht, ihr Mut zu machen. Inzwischen haben wir gesungen, um uns wach zu halten und nicht den Mut zu verlieren. Gegen den Durst haben wir Schnee gegessen", berichtete die Frau, die jetzt im Krankenhaus der Adria-Stadt Pescara liegt. Hunger habe sie nicht gelitten. "Die Spannung war zu groß, wir hatten keine Zeit, hungrig zu sein", erklärte die Frau.

Am Freitag gegen 11.00 Uhr hörte die Gruppe von Verschütteten endlich Stimmen. "Wir haben vor Freude geschrien. Die Retter haben eine unglaubliche Arbeit geleistet, es sind fantastische Menschen", berichtete Giorgia.

Kampf gegen die Zeit

Die Rettungsmannschaften kämpften gegen die Zeit, um die 23 Vermissten, die sich noch unter dem Schnee und in den Trümmern des Hotels Rigopiano befinden, zu befreien. Fünf Leichen wurden bis jetzt geborgen und identifiziert. Zu ihnen zählen auch die Eltern des neun Jahre alten Edoardo Di Carlo, der das Unglück überlebt hat. "Wir Kinder haben uns gerettet, weil wir in einem Saal Billard spielten", erzählte der Bub. In dem Saal wurden die meisten der elf Überlebenden gefunden. Zu den Toten zählt auch die Mutter eines weiteren Buben, der am Freitag lebend geborgen wurde und zwei Kellner des Hotels.

Die anderen Vermissten sind Gäste des Hotels, Angestellte sowie Personen, die sich im Gebäude aufhielten, auch wenn sie dort nicht übernachtet hatten. Die Hoffnung, weitere Überlebende bergen zu können, schwindet allmählich. Zivilschutzchef Fabrizio Curcio betonte, die Rettungsaktion erfolge in einer äußerst schwierigen Situation. Es bestehe hohe Lawinengefahr in der Gegend, hieß es seitens der Einsatzkräfte.