Unter dem Motto "Wir haben es satt!" haben mehr als 10.000 Menschen in Berlin gegen die "Agrarindustrie" und für eine grundlegende Neuausrichtung der Landwirtschaft demonstriert. Zu dem Protest parallel zur Agrarmesse Grüne Woche rollten am Samstag auch Traktoren in die Hauptstadt.

Rund 100 Organisationen, darunter Verbände konventionell und ökologisch wirtschaftender Bauern, sowie Tier- und Umweltschützer hatten dazu aufgerufen. Der deutsche Agrarminister Christian Schmidt (CSU) rief für notwendige Verbesserungen zu einer "Gemeinschaftsaktion" mit den Bauern auf. Minister aus mehr als 80 Staaten mahnten einen sparsameren globalen Umgang mit Wasser an.

Den Auftakt der Demonstration bildete ein Konvoi, an dem sich nach Veranstalterangaben 130 Traktoren beteiligten. Auf Transparenten stand "Agrarkonzerne - Finger weg von unserem Essen" oder "Bäuerliche Landwirtschaft stärken". Die Veranstalter sprachen von rund 18.000 Teilnehmern, die Polizei von mehr als 10.000. Der Zug führte vom Potsdamer Platz zum Brandenburger Tor. Auch Politiker der Grünen nahmen teil. Der Protest richtete sich auch gegen Massentierhaltung und "Dumpingexporte" von Lebensmitteln. Nötig seien ein Stopp von Mega-Fusionen im Agrarsektor sowie Anreize für Bauern, die Tiere besonders artgerecht halten und umweltschonend wirtschaften.

Schmidt sagte, für mehr Tierschutz oder geringeren Düngemitteleinsatz müsse auch gestritten werden. "Es wird nicht so bleiben können wie es ist." Wer an Lösungen in "revolutionären Akten" glaube, übersehe dabei jedoch, dass Verbesserungen unter dem rollenden Rad erreicht werden müssten. "Kernaufgabe der Landwirtschaft ist und bleibt die Ernährungssicherung."

Gegenargumente

Ähnlich argumentierten Gegendemonstranten am Berliner Hauptbahnhof. Dort kamen nach Angaben der Veranstalter rund 700 Menschen und 50 Traktoren zusammen. Sie warfen der "Wir haben es satt"-Demonstration Diffamierung vor. Ihr Motto lautete "Wir machen Euch satt". Es sei die vorrangige Aufgabe "Lebensmittel in ausreichender Menge und sicherer Qualität ressourcenschonend zu erzeugen", sagte eine Sprecherin. "Das wird in den gesellschaftlichen und politischen Diskussionen heute leider viel zu häufig vergessen."

Bei einer Agrarministerkonferenz am Rande der Grünen Woche sprachen sich Regierungsvertreter aus 83 Staaten für eine verantwortlichere Nutzung knapper Wasservorkommen auf der Erde aus. "Ohne Wasser kann es keine Ernährungssicherung geben", sagte Schmidt als Gastgeber. Landwirte stünden vor der Aufgabe, mehr Lebensmittel mit weniger Wasser zu produzieren. Dafür seien etwa Verunreinigungen stärker zu vermeiden. Der Generaldirektor der Welternährungsorganisation (FAO), Jose Graziano da Silva, warnte auch angesichts des Klimawandels vor verschärften Konflikten um Wasserzugänge etwa in Asien und Afrika.