Viele Opfer seien bei den 17-stündigen Kämpfen zwischen rivalisierenden Banden geköpft worden, teilten Vertreter der Sicherheitsbehörden des nordbrasilianischen Bundesstaates Amazonas mit.
Zwölf Aufseher des Anisio-Jobim-Gefängnisses am Rande von Manaus seien zwischenzeitlich als Geiseln genommen worden. Mehr als 140 Häftlinge sind auf der Flucht. Es handle sich um "das größte Blutbad, das in einem Gefängnis im Amazonas begangen wurde", sagte der Sicherheitschef des gleichnamigen Bundesstaats, Sergio Fontes. "Viele wurden geköpft und alle haben viel Gewalt erlitten". Zunächst hatten die Behörden sogar von 60 Toten gesprochen, später korrigierten sie die Opferzahl aber nach unten.
87 Häftlinge konnten flüchten
Bei einer weiteren Meuterei in einer nur 100 Meter entfernten anderen Haftanstalt konnten 87 Häftlinge flüchten. In einem dritten Gefängnis in unmittelbarer Nähe unterdrückten die Sicherheitsbehörden einen Aufstand rasch. Die Revolten waren nach Regierungsangaben koordiniert.
Die Meuterei in dem Gefängnis Anisio Jobim war am Sonntag ausgebrochen, als rivalisierende Häftlingsgruppen aneinandergerieten - mutmaßlich ging es um die Kontrolle des Drogenhandels in der Anstalt. Während der Verhandlungen über die Freilassung der zwölf gefangen genommenen Wärter hätten die aufständischen Häftlinge "praktisch nichts gefordert", sagte Fontes dem Radiosender Tiradentes. Sie hätten nur verlangt, dass die Polizei nicht mit exzessiver Gewalt die besetzten Räume stürmt. "Wir glauben, dass sie schon getan hatten, was sie wollten: Mitglieder der rivalisierenden Organisation töten und die Garantie bekommen, dass sie von der Polizei nicht angegriffen werden", sagte Fontes.
Laut Fontes hatten sich die zwei Kriminellenbanden Primer Comando de la Capital (PCC) aus Sao Paulo und der örtlichen Bande Familia del Norte (FDN) von Sonntagnachmittag bis Montagmorgen (Ortszeit) in dem Gefängnis bekämpft. Nach 17 Stunden hätten die Behörden die Lage unter Kontrolle gebracht. 16 Fluchttunnel seien entdeckt worden.
Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP sah blutüberströmte und verbrannte Leichen, die in einem betonierten Hof des Gefängnisses übereinander gestapelt lagen. Schwer bewaffnete Polizisten suchten nach entflohenen Häftlingen.
Chaos genutzt
112 Insassen des Anisio-Jobim-Gefängnisses hatten das Chaos nach Angaben der Behörden zur Flucht genutzt. Kurz zuvor waren bereits 72 weitere Straftäter aus einer benachbarten Haftanstalt ausgebrochen. Nur insgesamt 40 Entflohene konnten nach Behördenangaben zunächst gefasst werden.
Aufstände und Kämpfe kommen in den überfüllten brasilianischen Gefängnissen häufig vor, oft werden Haftanstalten faktisch von Drogenbanden kontrolliert. Erst im Oktober waren bei Auseinandersetzungen zwischen der PCC und der Bande Comando Vermelho in drei brasilianischen Gefängnissen insgesamt 33 Menschen getötet worden.
Über eine halbe Million Gefangene
Ende 2014 gab es in Brasilien einem Bericht des Justizministeriums zufolge 622.000 Gefangene. Brasilien hat weltweit die viertgrößte Gefangenenpopulation nach den USA, China und Russland. Menschenrechtsorganisationen kritisieren seit Jahren die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten. Im Bundesstaat Amazonas sind die Zustände laut einem Bericht des Justizministeriums besonders schlimm: Während im Landesdurchschnitt 1,67 Häftlinge auf einen Haftplatz kommen, sind es dort 2,59 Häftlinge.
Auch in anderen lateinamerikanischen Ländern kommen Gefängnisrevolten häufig vor. Bei einer der schwersten in den vergangenen Jahren waren im Jänner 2013 im venezolanischen Uribana 58 Menschen getötet worden. Die Gefängnisrevolte in Manaus war die schwerste in Brasilien seit einem Blutbad im Gefängnis Carandiru, bei dem 1992 in São Paulo 111 Menschen getötet worden waren.