Die aktuell kursierende Vogelgrippe hat sich nach Experteneinschätzung inzwischen zur Pandemie unter Wildvögeln ausgeweitet. Seit dem ersten Nachweis im russisch-mongolischen Grenzgebiet im Sommer habe sich der hochgefährliche H5N8-Erreger zunehmend ausgebreitet, hieß es vom deutschen Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems. Mit Europa, Asien und Afrika seien nun drei Kontinente betroffen.
"Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist beachtlich", sagte FLI-Präsident Thomas Mettenleiter. "Wir sehen im Moment keine Tendenzen zu einer Abschwächung, weder was die Zahl der gefundenen Vögel noch was die geografische Ausbreitung angeht." In Österreich wurde die gefährliche Variante der Vogelgrippe am 9. November bei toten Wildvögeln im Bodensee-Gebiet entdeckt. In Deutschland war der Erreger erstmals vor einem Monat, am 8. November, bei einer toten Wildente am Bodensee und verendeten Wasservögeln in Schleswig-Holstein nachgewiesen worden.
In Österreich ist das Virus am 11. November in einem Putenzuchtbetrieb in Vorarlberg festgestellt worden. Nach dem bestätigten Vogelgrippe-Fall wurden insgesamt 1.100 Tiere gekeult und anschließend seuchensicher entsorgt. Am Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Mödling wurden bisher 684 Proben von Wildvögeln und Hausgeflügel auf das AI-Virus (Aviäre Influenza) H5N8 untersucht (Stand 7. Dezember): Bei 27 Wildvögel wurde das Virus nachgewiesen, die meisten davon mit 23 im Bezirk Bregenz. Der aktuellste Fall war eine Lachmöwe in Salzburg (Stadt) sowie zwei Wildvögel in Gmunden (OÖ). Insgesamt ergaben sich so zusammen mit den positiven Proben aus dem Vorarlberger Geflügelbetrieb 49 Fälle.
In Deutschland wurden 16 Ausbrüche in Geflügelhaltungen, davon vier in Zoos registriert. "Mittlerweile haben in Deutschland die Fälle bei Wildvögeln und Ausbrüche bei Geflügel und in zoologischen Einrichtungen ein nie zuvor gekanntes Ausmaß angenommen", heißt es in der aktuellen Risikobewertung des FLI.
Den Grund für die aktuell vermehrte Eintragung des H5N8-Erregers in Geflügelhaltungen sieht das FLI im offenbar höheren Infektionsdruck aus der Wildvogelpopulation. So sei der Anteil infizierter Vögel unter den Totfunden deutlich höher als 2006/2007. In Europa ist der Erreger demnach inzwischen in zwölf Staaten nachgewiesen worden. Darüber hinaus meldeten Indien, Iran, Israel, Tunesien und Ägypten H5N8-Fälle.
Epidemie in Frankreich
In Frankreich waren bis zum Wochenbeginn sieben Betriebe im Südwesten des Landes betroffen. Die Region hatte bereits im Vorjahr schwer unter einer anderen Vogelgrippe-Variante gelitten, damals hatten die Behörden den Export von lebenden Vögeln und Hühnern verboten - eine solche Situation will Frankreich diesmal unbedingt verhindern. Gerade wurde die Risikostufe im ganzen Land von moderat auf hoch angehoben. Bisher galt diese Stufe nur für einige Regionen. Damit müssen Zuchtbetriebe zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
Die neuen Fälle kurz vor der Weihnachtszeit sind ein Dämpfer für die französische Geflügelbranche: Eigentlich hätte das Land Anfang des Monats seinen Status "frei von Vogelgrippe" wiedererlangen können - doch damit wird es nun erstmal nichts. Damit dürften Exportmärkte in Asien, vor allem China und Japan, für französische Produkte vorerst weiter tabu bleiben.