Der im Fall der getöteten Studentin in Freiburg festgenommene 17-jährige Flüchtling schweigt noch immer zu den Vorwürfen. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag. Die Ermittler prüfen das Umfeld des Jugendlichen. Politisch hat der Fall eine kontroverse Debatte ausgelöst. Die Bundesregierung verurteilte das Verbrechen, warnte aber vor Pauschalurteilen gegenüber Migranten.
Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es keine Hinweise darauf, dass der Jugendliche die getötete 19-Jährige kannte. Die junge Frau habe sich zwar in der Flüchtlingshilfe engagiert. Ob sie jedoch dadurch Kontakt mit dem Verdächtigen hatte, sei nicht sicher. Der 17-Jährige aus Afghanistan, der 2015 nach Deutschland kam, sitzt seit Freitag in Untersuchungshaft. Er soll die Studentin Mitte Oktober vergewaltigt haben. Maria L. starb am Tatort.
Tat eines Einzelnen und nicht einer Gruppe
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, der 17-Jährige müsse für die abscheuliche Tat bestraft werden, sollte sich der Tatverdacht gegen ihn bestätigen. "Aber wir dürfen nicht vergessen, wir reden dann von der möglichen Tat eines afghanischen Flüchtlings, nicht einer ganzen Gruppe von Menschen, die wie er Afghanen oder Flüchtlinge sind", sagte Seibert.
"So bitter es ist: Solche abscheulichen Morde gab es schon, bevor der erste Flüchtling aus Afghanistan oder Syrien zu uns gekommen ist", hatte zuvor bereits Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) der "Bild" gesagt. "Wir werden nach solchen Gewaltverbrechen - egal, wer sie begeht - keine Volksverhetzung zulassen."
Haar am Tatort
Die 19 Jahre alte Medizinstudentin war nachts mit ihrem Fahrrad auf dem Heimweg von einer Uni-Party, als sie dem Verbrechen zum Opfer fiel. Die Polizei kündigte an, weitere mögliche Zeugen zu befragen, um den Tatverdacht gegen den Festgenommenen zu erhärten. Ein 18,5 Zentimeter langes blondiertes schwarzes Haar von ihm am Tatort hatte die Ermittler auf die Spur gebracht. Unklar ist den Angaben zufolge, ob die junge Frau ertränkt wurde oder bewusstlos im Wasser lag. Todesursache war Ertrinken.
Der Mordverdächtige war im Jahr 2015 nach Deutschland eingereist und wurde danach als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling bei einer Familie untergebracht. Diese sowie die beteiligten Behörden äußerten sich am Montag nicht. Die Studenteninitiative Weitblick, für die die Eltern der Getöteten in einer Traueranzeige um Spenden gebeten hatten, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Das Alter des Tatverdächtigen gelte unterdessen als gesichert, sagte Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer. Angeklagt werde er nach Jugendstrafrecht. Ihm drohten daher maximal zehn Jahre Haft.
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner sagte der "Bild": "Solche Grausamkeiten werden leider von In- wie Ausländern begangen, das ist leider kein neues Phänomen." Auch CSU-Innenexperte Stephan Mayer warnte davor, alle Migranten und Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen.
Kritik an der AfD
AfD-Bundeschef Jörg Meuthen meinte hingegen: "Wir sind erschüttert über diese Tat und erleben gleichzeitig, dass unsere Warnungen vor der ungesteuerten Einreise Hunderttausender junger Männer aus patriarchalisch-islamischen Kulturkreisen als populistisch abgewertet wurden." Die bisherige Rechtslage, DNA-Proben nicht nach Ethnie zuzuordnen, bezeichnete Meuthen als skandalös.
"Es ist schäbig, dass nun einige aus dieser furchtbaren Gewalttat politisches Kapital schlagen wollen", sagte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Aydan Özoguz (SPD). Sie sei schockiert über die Tat, die aber nicht instrumentalisiert werden dürfe.
Für Kritik sorgte auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, der der "Bild" sagte: "Dieses und viele andere Opfer würde es nicht geben, wäre unser Land auf die Gefahren vorbereitet gewesen, die mit massenhafter Zuwanderung immer verbunden sind." Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner nannte die Äußerungen "politisch widerlich und dümmer als die Polizei erlaubt".
Die ARD-"Tagesschau" erläuterte in einem Blogeintrag erneut ihre umstrittene Entscheidung, in der 20.00-Uhr-Ausgabe am Samstag nicht über den Fall zu berichten. Die Sendung berichte nur "sehr selten über einzelne Kriminalfälle", schrieb ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke am späten Sonntagabend. Der Freiburger Fall hebe sich nach diesen Kriterien von anderen Mordfällen nicht ab.