In ihrem Jahresbericht warnt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International vor der größten Flüchtlings-Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Westliche Staaten müssten mehr für Schutzbedürftige aus Konfliktgebieten tun. In Österreich kritisiert die Organisation die lange Dauer von Asylverfahren sowie die mangelhafte Betreuung von Asylsuchern.

50 Millionen Menschen auf der Flucht

2014 stieg die Zahl der Menschen auf der Flucht das erste Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf über 50 Millionen, rechnet Amnesty vor. Allein aus Syrien flohen mehr als vier Millionen Menschen ins Ausland, weitere 7,6 Millionen sind im eigenen Land auf der Flucht. Im kommenden Jahr werde sich die Lage weiter verschlimmern, heißt es in der Prognose der Menschenrechtler.

Westliche Staaten sollten dringend handeln - es brauche mehr Mittel für Hilfsmaßnahmen und die Aufnahme von mehr Flüchtlingen, mahnt die Organisation. Schockiert zeigt sie sich auch über die "Rekordzahl" an Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer und die vielen Toten. Bisher seien die EU-Staaten mit wenigen Ausnahmen vor allem darum bemüht, Menschen draußen zu halten. Dies sei "abscheulich" anzusehen, kritisierte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty.

Schlechte Bedingungen für Asylwerber in Österreich

Im Fall Österreichs wird die Initiative der Regierung zur Aufnahme von 1.500 Syrien-Flüchtlingen in einem speziellen Programm hervorgehoben. Negativ beurteilt werden allerdings die Bedingungen für reguläre Asylverfahren. "Der Zugang von Asylwerbern zu passenden Unterkünften, Sozialleistungen und Gesundheitsversorgung bleibt mangelhaft", heißt es im Bericht. Asylverfahren könnten mehrere Jahre dauern, auch sei während der Zeit ausreichende Rechtsberatung der Bewerber nicht garantiert.

Im globalen Kampf um die Menschenrechte sieht Amnesty auch Erfolge. Mit dem Inkrafttreten des internationalen Waffenhandelsabkommens (ATT) werde weltweit die Verbreitung von Waffen und Munition in Konfliktgebiete eingeschränkt - damit würden tausende von Leben gerettet.

Auch im politisch heiklen Fall des Beitritts Palästinas zum Internationalen Strafgericht (IStGH), der von Israel, den USA und europäischen Staaten kritisiert wird, bezieht die Menschenrechtsorganisation Stellung. Ermittlungen des Kriegsverbrecher-Tribunals könnten dabei helfen, die "Kultur der Straflosigkeit" auf beiden Seiten im Nahost-Konflikt zu beenden, heißt es in einer Pressemitteilung von Amnesty zum Jahresbericht.