Der österreichische Botschafter in der Ukraine, Wolf Dietrich Heim, habe von den Behörden in Kiew erfahren, dass es sich bei dem Vorfall im ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja (Saporoschjum) um die unplanmäßige Abschaltung eines Reaktors gehandelt habe, sagte Martin Weiss, der Sprecher des Außenministeriums.

Warnung vor Panikreaktionen

Die Experten des Gesundheitsministeriums in Wien beurteilen die Situation rund um das ukrainische Atomkraftwerk derzeit als nicht gefährlich. Nach aktuellem Wissensstand sei es zu keiner Freisetzung von Radioaktivität gekommen, betonte das Ministerium am Mittwochnachmittag in einer Aussendung und warnte zugleich vor Panikreaktionen.

War alles nur ein Missverständnis?

Nach Erkenntnissen des deutschen Umweltministeriums beruhen die Berichte über einen Atomunfall in der Ukraine auf einem Missverständnis. Einen Atomunfall habe es nicht gegeben, sagte ein Sprecher am Mittwoch in Berlin unter Berufung auf einen Kontaktmann der Gesellschaft für Reaktorsicherheit in Kiew. Dieser habe von den Behörden im Land die Auskunft erhalten, dass es vielmehr vor einigen Tagen einen Brand im nichtnuklearen Teil des Atomkraftwerks Saporischschja gegeben habe. Dem Auswärtigen Amt in Berlin lagen nach Angaben einer Sprecherin keine eigenen Erkenntnisse vor.

Das französische Institut für nukleare Sicherheit (IRSN) hat nach eigenen Angaben keine außergewöhnliche Belastung durch Radioaktivität bemerkt. Man habe zwei Messgeräte auf dem Dach der französischen Botschaft in Kiew installiert, dort sei nichts Ungewöhnliches registriert worden. "Hätte es einen Unfall gegeben, würden wir es wissen", sagte Michel Chouha vom IRSN.

Der dritte Reaktorblock

Im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja (Saporoschje), dem leistungsstärksten Kernkraftwerk Europas, ist nach einer Panne der dritte Reaktorblock abgeschaltet worden. Der technische Defekt hat sich nach Angaben des Kraftwerksbetreibers bereits am 28. November ereignet. Die Ukraine erzeugt fast 44 Prozent ihres Stroms aus Atomkraft. 

Am Mittwoch hatte Ministerpräsident Arseni Jazeniuk von einem Atomunfall gesprochen. In späteren Meldungen war nicht mehr von einem Unfall die Rede. Energieminister Wolodimir Demtschischin sagte, es gebe keine Probleme mit Reaktoren. Nach seiner Einschätzung werde der Vorfall bis Freitag behoben sein.

Zwischenfall in ukrainischem Atomkraftwerk
Zwischenfall in ukrainischem Atomkraftwerk © (c) APA

Erinnerungen an Tschernobyl werden wach

Die Nachrichtenagentur Interfax berichtete, ein Reaktorblock mit einer Bruttoleistung von 1.000 MW sei von dem Störfall betroffen. In der Ukraine war es im April 1986 im Kernkraftwerk Tschernobyl zu einem der schlimmsten Atomkatastrophen weltweit gekommen.

Bei dem AKW Saporischschja handelt es sich laut Wikipedia um das leistungsstärkste Kernkraftwerk Europas. Es liegt direkt am Fluss Dnepr nahe der Stadt Enerhodar, etwa 50 Kilometer von der Großstadt Saporischschja entfernt. Direkt neben dem Kernkraftwerk steht das konventionelle Kraftwerk Saporischschja.

Mit dem Bau des Kraftwerks Saporischschja wurde im Jahr 1980 begonnen. Im Dezember 1984 wurde der erste Reaktor der russischen Standard-Baureihe WWER-1000/320 in Betrieb genommen.

AKW schon einmal in den Schlagzeilen

Bereits am gestrigen Nachmittag hatte Energieminister Yuriy Prodan eine offizielle Stellungnahme zu Stromausfällen in der Ukraine abgegeben, berichtet das deutsche Nachrichtenportal "Online Fokus". Dort berichtete er, dass die Schwankungen unter anderem durch eine Notreparatur am Reaktor Saporischschja 3 verursacht worden sein. Prodan versicherte gestern, dass die Situation unter Kontrolle sei und die Reparaturarbeiten bis 5. Dezember abgeschlossen sein würden.

Das Kernkraftwerk war bereits vor Jahren in die Schlagzeilen geraten. Damals war in einem nahen Waffendepot der ukrainischen Armee Feuer ausgebrochen. Geschosse machten sich selbstständig und flogenunkontrolliert umher.