Es war am 8. März dieses Jahres, als um 14:30 (Ortszeit) im und um das Haus von Alejandro Otero in Naples (US-Bundesstaat Florida) ein ohrenbetäubender Knall zu hören war und das Gebäude wackelte: Kein explodierendes Elektrogerät etwa, kein Erdbeben – vielmehr etwas ganz anderes: Otero selbst war nicht daheim – sein 19-jähriger Sohn schon –, als aus dem Himmel herab rasender Weltraumschrott ein Loch in das Hausdach schlug.

„Anders als alles, was ich je gesehen habe“

Das Objekt (siehe Bild oben) war Teil einer großen, ausrangierten Batteriepalette der Internationalen Raumstation (ISS), die die NASA drei Jahre zuvor für einen unkontrollierten Wiedereintritt freigegeben hatte. Der Großteil verglühte tatsächlich über Mittelamerika, der Rest stürzte in einem Korridor zwischen Guatemala und Florida ab: „Es war anders als alles, was ich jemals zuvor gesehen hatte“, so Otero, der aus dem Urlaub nach Hause eilte und die Polizei alarmierte: „Wir mussten auf die Überwachungskameras schauen, um herauszufinden, was den Krach verursacht hatte. Erst als er das Loch im Haus sah, wurde ihm klar, dass etwas eingeschlagen war.“

Der Vorfall, der glücklicherweise keine Verletzten forderte, aber fatal hätte enden können, hat nun ein gerichtliches Nachspiel: Die Otero-Familie fordert umgerechnet 75.000 Euro Schadenersatz von der US-Raumfahrtbehörde NASA, die eigentlich versprochen hatte, dass der Weltraumschrott „ohne Gefahr“ zurückkommen werde. Das Geld solle die Schäden am Haus abdecken und Wiedergutmachung für den verursachten „Stress“ sein. Das beauftragte Anwaltsbüro betonte, dass der Fall Otero wegen der stetig wachsenden Menge an Weltraumschrott im All Präzedenzcharakter bekommen könnte.

Dass Trümmerteile aus dem Orbit bis auf die Erdoberfläche stürzen, ist eher ungewöhnlich – meist verglühen die Objekte bzw. Fragmente in der Erdatmosphäre. Gerade bei größerem Weltraumschrott ist dies aber nicht garantiert: Die Europäische Weltraumorganisation (ESA), die auch vor dem Wiedereintritt der Batteriepalette im März gewarnt hatte, betonte, dass „ungefähr jede Woche ein großes Weltraumobjekt unkontrolliert wieder eintritt.“

Das Weltraumschrott-Problem explodiert geradezu – und bedeutet vor allem auch große Gefahr für aktive Satelliten im Orbit: Derzeit umkreisen etwa 29.000 erfasste und katalogisierte Teile die Erde in einer Umlaufbahn, laut ESA sind es etwa eine Million Satelliten- und Raketen-Schrottteile mit einer Größe von mehr als einem Zentimeter. Diese sind demnach groß genug, um bei einem Zusammenprall ein Raumfahrzeug außer Gefecht zu setzen. Entgegenwirken soll die „Zero Debris Charter“, mit der bis 2030 die weitere Entstehung von Weltraummüll drastisch eingeschränkt werden soll. Das Dokument wurde von wichtigen Akteuren der europäischen Raumfahrtbranche gemeinsam ausgearbeitet.

„Zero Debris Charter“ soll künftig helfen

Nach Beendigung einer Mission solle die entsprechende Erdumlaufbahn „mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von mindestens 99 Prozent rechtzeitig geräumt werden, erforderlichenfalls auch mit externen Mitteln“. Weiters soll die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Weltraummüll durch Kollisionen von Satelliten oder Raketenteilen verringert werden. Kein einfaches Unterfangen: Das von Elon Musks SpaceX betriebene Satellitennetzwerk Starlink etwa umfasst tausende Satelliten: Ende April 2022 waren über 2100 Starlink-Satelliten im Erdorbit. Im November 2022 autorisierte die US-Aufsichtsbehörde FCC weitere 7500 von knapp 30.000 beantragten Satelliten.

Die FCC will Änderungen, bevor der Erdorbit weiter zugemüllt wird: Satelliten sollen über ausreichende Treibstoffreserven verfügen, um sie am Ende ihrer Nutzungsdauer wieder aus der Umlaufbahn zu entfernen. Klar ist, dass Weltraumschrott als unerwünschtes Abfallprodukt der Raumfahrt rasend schnell unterwegs und über Jahrzehnte gefährlich ist.