Der Prozess um die Gruppe Reuß in Frankfurt am Main läuft ab sofort auf Hochtouren. In einer eigens errichteten großen Halle am Stadtrand der Mainmetropole müssen sich ab Dienstag, 21. Mai, die Rädelsführer der „Reichsbürger“-Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß und Rüdiger von Pescatore, der den militärischen Arm geleitet haben soll, vor dem Oberlandesgericht wegen Terrorverdachts verantworten - darunter ein Ex-Hauptkommisar und ein Finanzberater. Angesetzt sind zunächst 48 Prozesstage bis Mitte Jänner 2025, es laufen drei parallele Verfahren in Stuttgart, Frankfurt am Main und ab Juni auch in München.

Mit einem Putsch habe die Gruppe rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß die staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam beseitigen und durch eine eigene ersetzen wollen. „Dazu legte sich die Vereinigung ein massives Arsenal an Waffen und anderen militärischen Gegenständen zu. Darunter waren etwa 380 Schusswaffen sowie rund 350 Hieb- und Stichwaffen“, sagt eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft.

Neue „Minister“ waren schon gefunden

Nach erfolgreichem Umsturz wäre der Polizist „Innenminister“ geworden. Wie der NDR berichtet, soll bei den Treffen des „Führungszirkels der Reichsbürger-Vereinigung“ im Jagdschloss ihres Rädelsführers Prinz Reuß der ehemalige Hauptkommissar skizziert haben, wie er sich den Wiederaufbau nach einem Zusammenbruch der Bundesrepublik vorstellt: Bundesweit sollten 286 sogenannte Heimatschutzkompanien die neue Ordnung sichern. Dafür soll der Ex-Kommissar versucht haben, Polizisten und Bundeswehrsoldaten anzuwerben. Es soll zahlreiche Rekrutierungsveranstaltungen gegeben haben, so NDR. In München stehen auch ein Anwalt aus Hannover und eine Ärztin aus dem Kreis Peine vor Gericht. Sie sollten laut Anklage nach dem geplanten Umsturz eine Art „Außenminister“ und „Gesundheitsministerin“ werden.

Die „Reichsbürger“-Prozesse haben eine bisher beispiellose Dimension - sie sollen bis mindestens 2025 dauern. In München stehen auch ein Anwalt aus Hannover und eine Ärztin aus dem Kreis Peine vor Gericht. Sie sollten laut Anklage nach dem geplanten Umsturz eine Art „Außenminister“ und „Gesundheitsministerin“ werden.

„Das Verfahren ist eine Herausforderung für uns alle“, erklärte kürzlich Gerichtssprecherin Gundula Fehns-Böer. Die Anklageschrift umfasst 617 Seiten. Die neun Angeklagten werden von 25 Anwälten verteidigt. Neben den fünf Richtern sollen zwei Ergänzungsrichter dabei sein, die jederzeit einspringen können. Rund 260 Zeugen sind geladen. 40 bis 45 Wachtmeister sollen täglich für Sicherheit sorgen. Die Dokumente zum Prozess sind in 801 Stehordnern abgelegt. Die Masse an Unterlagen würden sowohl analog als auch mit digitaler Hilfe ausgewertet werden, hieß es.

Gewaltsamer Umsturz geplant

Der Prozess in Frankfurt ist nicht der Einzige: Ende April war in Stuttgart die Gerichtsverhandlung um den militärischen Arm der Gruppe „Reuß“ gestartet. In München stehen ab dem 18. Juni die übrigen mutmaßlichen Mitglieder vor Gericht. Die insgesamt 27 Verdächtigen sollen einen gewaltsamen Umsturz der deutschen Bundesregierung geplant haben. Als Oberhaupt einer neuen Staatsform hätte Reuß fungieren sollen. Auch Ex-Soldaten sowie eine ehemalige Bundestagsabgeordnete gehören zu den Beschuldigten.

Die sogenannten „Reichsbürger“ in Deutschland behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert, daher ihr Name. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an. Sie berufen sich neben „Reichsbürger“-Thesen auch auf demokratiefeindliche Verschwörungsmythen wie die QAnon-Ideologie - und auf eine sogenannte Allianz. Dieser nicht wirklich existierende Geheimbund aus Nachrichtendiensten, Militärs sowie Regierungen wie Russland und den USA sollte den „Tag X“ bestimmen.