Spektakuläre Weltpremiere in London: Erstmals ist die fast 130 Jahre alte Londoner Tower Bridge Sonntagfrüh von Menschen durchflogen worden. Der Bregenzer Marco Fürst (33) und Marco Waltenspiel (39) aus Oberndorf/Salzburg zischten um 05.23 Uhr Londoner Zeit (06.23 MESZ) mit Wingsuits zwischen der Fahrbahn und der hoch darüber liegenden historischen Fußgängerbrücke durch.

Die waghalsige Aktion verlief fast perfekt laut Plan: Waltenspiel landete wie vorgesehen auf einem Ponton im Fluss; Fürst verfehlte das Ziel zwar knapp und musste wassern, wurde aber sofort „gerettet“. Dafür war alles vorbereitet: Die Option war trainiert worden - „und wir hatten unter den Wingsuits vorsorglich Neoprenanzüge an“, grinste er im Gespräch mit der APA und der Kronen Zeitung nach der Aktion. Nachsatz: „Die Wassertemperatur der Themse war eigentlich megafein.“

Die Aktion der Red-Bull-Skydiver war minutiös geplant und mit den zuständigen Behörden der britischen Hauptstadt akkordiert worden. Der Verkehr über die Brücke wurde kurzfristige gesperrt, die Flugbewegungen der drei Airports im Großraum London entsprechend gesteuert.

Fürst landete in der kalten Themse

Fürst und Waltenspiel sprangen um 05.22 Uhr Lokalzeit in 914 Meter Höhe aus einem Jet Ranger 206-Helikopter ab. Nach 30 Sekunden Flugzeit passierten die Athleten mit 246 km/h die Brücke, konkret: das 65 mal 32 Meter große „Fenster“ zwischen der Geländeroberkante und dem Fußgängerübergang darüber sowie zwischen den beiden Brückenpfeilern rechts und links. 15 Sekunden später erfolgte die Landung nach 1.200 Metern Flug.

Bei dem Tempo problemlos durch die Brücke zu treffen, war natürlich Challenge Nr. 1 - was perfekt gelang. Doch gleich darauf folgte die zweite heikle Phase des Unternehmens: Normalerweise landen Wingsuit-Flyer einfach per Fallschirm, den sie in geeigneter Höhe über Grund auslösen. Dazu mussten die beiden Athleten nach Durchquerung der Brücke aber wieder aufsteigen, denn sonst hätten sie die nötige Mindesthöhe von 80 Meter zur Fallschirmentfaltung nicht erreicht. Auch dieses im Fachjargon „Flare“ genannte Manöver gelang problemlos - eben mit der kleinen abschließenden Planabweichung der „Wasserung“ von Marco Fürst.

Marco Waltenspiel (l.) und Marco Fürst
Marco Waltenspiel (l.) und Marco Fürst © APA / Joerg Mitter / Red Bull Content

„Eine Last fällt von uns ab“

Marco Waltenspiel meinte zum Adrenalinkick mit leichtem Understatement: „Die erste Stunde nach dem Sprung war schon sehr intensiv.“ Und Fürst ergänzte: „Definitiv fällt jetzt eine Last von uns ab. Wir hatten ja zwei Jahre lang eine unglaubliche Vorbereitungszeit.“ Die beiden absolvierten allein für das Tower-Bridge-Projekt 200 spezielle Trainingssprünge. Fazit: „Natürlich war die Aktion hier in London ein Höhepunkt in unserer Karriere.“

Gemeinsam haben die beiden Österreicher eine Erfahrung von rund 20.000 Skydives. Der dritte Mann im Red-Bull-Skydiving-Team ist der 34-jährige Deutsche Max Manow aus Ahrensburg in Schleswig-Holstein. Er flog allerdings nicht mit, weil der Tower-Bridge-„Durchgang“ für drei Wingsuit-Flyer zu gefährlich gewesen wäre. Manow kümmerte sich daher vom Boden aus um die Koordination und vor allem um alle Sicherheitsaspekte für seine Kollegen.