Londons berühmtester Friedhof sucht nach neuen Finanzmitteln: Highgate Cemetery, die letzte Ruhestätte des revolutionären Philosophen und Sozialisten Karl Marx und vieler anderer weltbekannter Persönlichkeiten, will alte Gräber zurückfordern. Die so frei werdenden Plätze sollen für neue Bestattungen verkauft werden, um Geld einnehmen zu können.

Der Highgate-Friedhof stammt aus dem viktorianischen Zeitalter. Mit seinen Efeu-bewachsenen Gräbern und verschnörkelten Steindenkmälern erstreckt er sich über 15 Hektar im Norden Londons. Er ist ein beliebtes Ziel für Touristen und Linke, die Marx an dessen Grab ihre letzte Ehre erweisen wollen.

80 Prozent entscheiden sich für Einäscherung

Im Gegensatz zu den meisten anderen Friedhöfen erhebt Highgate Cemetery eine Eintrittsgebühr, was der Vater des Kommunismus vermutlich nicht gutgeheißen hätte. Doch diese Einnahmen allein reichen nicht aus. Nun sollen zusätzliche Bestattungskapazitäten frisches Geld einbringen. Das wird benötigt, um Highgate zu erhalten. „Das ist der größte Schritt, den der Friedhof je unternommen hat, um einen nachhaltigen Weg in die Zukunft zu finden“, sagt der Geschäftsführer des Friends of Highgate Cemetery Trust, Ian Dungavell, der das Gelände betreibt.

In vielen Fällen werden bei der sogenannten Graberneuerung frühere Ruhestätten tiefer in den Boden eingelassen, um eine zweite Beisetzung zu ermöglichen. Dies war auf den Kirchhöfen des mittelalterlichen England weit verbreitet und ist auch in anderen europäischen Ländern Routine. In Großbritannien jedoch werden alte Gräber heute nur noch selten wiederverwendet. Etwa 80 Prozent der Briten entscheiden sich im Todesfall für eine Einäscherung.

© Imago

Freud, Adams, McLaren

Highgate zählt mehr als 53.000 Gräber, darunter die von zahlreichen Prominenten. Neben Marx zählen etwa der Sänger George Michael, der Sex-Pistols-Gründer Malcom McLaren, der Maler Lucian Freud und der Schriftsteller Douglas Adams dazu. Die Verwaltung hat zunächst 460 Gräber ausgewählt, die seit 75 Jahren oder länger nicht mehr benutzt wurden. Per Bekanntmachung auf der Titelseite der Zeitung „Times“ werden den Eigentümern oder Angehörigen nun sechs Monate Frist eingeräumt, um Einwände zu erheben.

Eine neue Grabstelle kostet zwischen 5.000 und 25.000 Pfund (5.841 bis 29.000 Euro). „Ohne dieses Projekt bestünde die Gefahr, dass der Friedhof nur noch ein gespenstischer alter Friedhof wäre, der für niemanden mehr von Interesse ist“, betont Ian Dungavell vom Friends of Highgate Cemetery Trust.