Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) hat heute die EU-Kommission informiert, dass man gegen das ORF-Gesetz und das ORF-Beitragsgesetz eine Wettbewerbsbeschwerde einreichen wird.

"Die Information erfolgte heute, die Beschwerde werde in sieben bis zehn Tagen eingereicht werden", sagt Michaela Reisinger, Leiterin der Presseabteilung des VÖZ. Stein des Anstoßes sei die "Blaue Seite" des ORF, also die Website: "Die 'Blaue Seite' erreicht laut österreichischer Webanalyse (ÖWA) monatlich über 70 Prozent der Internetbevölkerung in Österreich und ist damit die reichweitenstärkste Online-Nachrichtenseite des Landes", heißt es in dem Schreiben des VÖZ. Außerdem soll die Gebührenfinanzierung des ORF in der Höhe von 654 Millionen Euro in Zukunft in "Form einer Haushaltsabgabe in Höhe von 710 Millionen Euro" abgewickelt werden. Die Inhalte auf der Webseite werden jedoch frei zugänglich angeboten. Der VÖZ sieht darin einen Wettbewerbsvorteil: "Damit hat der ORF gegenüber privaten Medienunternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil, der angesichts der Notwendigkeit für Medienunternehmen verlegerischer Herkunft, journalistischen Content im Zuge der digitalen Transformation zu monetarisieren, bedrohliche Ausmaße erreicht hat."

"Blaue Seite" ist mit Printmedium vergleichbar

"orf.at", also die "Blaue Seite", ist mit einem Printmedium vergleichbar: Eine Umrechnung der Inhalte auf Zeitungsseiten ergab eine 72-seitige Zeitung. In Deutschland haben die Zeitungsverleger schon vor über zehn Jahren erfolgreich gegen die "Tagesschau"-App geklagt: "Damit steht die Presseähnlichkeit der 'Blauen Seite' nach den Maßstäben der höchstrichterlichen deutschen Rechtsprechung zur 'Tagesschau'-App fest. Nach dem dort zugrunde liegenden Fall hatten mehrere Verlage wegen der Zeitungsähnlichkeit dieser App der öffentlich-rechtlichen Sender geklagt und in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof obsiegt", lässt der VÖZ wissen.

"Zusätzlich zu der Rundfunkgebühr soll der ORF in Zukunft auch direkt staatliche Zuwendungen und Mittel von der Republik Österreich erhalten. Durch diese staatlichen Zuwendungen sollen Verluste kompensiert werden, die dem ORF dadurch entstehen, dass er keinen Vorsteuerabzug mehr geltend machen (und mithin die entrichtete Umsatzsteuer wieder zurückholen) kann." Der VÖZ sieht eine "Anmeldepflicht für die Neufassung des ORF-Gesetztes" laut Artikel 108. Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU gegeben, weil: "Das neue Gesetz sieht inhaltliche Änderungen des Angebots (...) Mit § 4e ORF-Gesetz n.F. (soll) der ORF künftig berechtigt sein, seine Berichterstattung weiter zeitungsähnlich auszugestalten." Und: "Das neue Gesetz sieht in § 31 Abs. 10 ORF-Gesetz vor, dass der ORF für den Entfall des Vorsteuerabzugs kompensiert wird. Insofern erhöht sich dessen Vergütung wesentlich." Daraus schließt der VÖZ: "Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt daher eine anmeldepflichtige Änderung der Beihilfe vor."