Jüngst ehrte die Stadt Graz einen 95-jährigen Bürger, zahlreiche „goldene“ Ehepaare und auch viele 90er. Alle wurden mit Elke Kahr für ein Erinnerungsfoto abgelichtet, ehe sie in den Stefaniensaal durften. Die Ehrung war perfekt organisiert, mit einer Rede der Frau Bürgermeisterin, die ihr aufmerksames Publikum verständnisvoll würdigte, ohne sich anzubiedern. Es gab Musik, Gesang und gutes Essen. Beim Radetzkymarsch vergaßen meine Frau und ich mitzuklatschen, und das „goldene“ Andritzer Ehepaar vis-à-vis klatschte auch nicht. Irgendwie schuf diese gemeinsame Zurückhaltung eine Gesprächsbasis. Plötzlich sagte die Dame: „Sie sind doch der Herr Wimmer von der Kleinen Zeitung. Ich hab’ Ihnen einmal einen Brief geschrieben.“„Hoffentlich hab ich ihn beantwortet,“ erkundigte ich mich, auch nach 25 Jahren Pension immer noch sofort professionell schuldbewusst. Ich hatte nicht. Es wurde trotzdem ein sehr freundliches Gespräch. Das Ehepaar erzählte begeistert Details vom erfüllten Leben mit einem Sohn, der jetzt 40 Jahre alt ist und mit Downsyndrom geboren wurde.
Kurt Wimmer