Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Sonntag in einer Aussendung betont, man wolle mit einer geplanten Verfassungsbeschwerde die "Unabhängigkeit des ORF sichern": "Der ORF muss unabhängig von politischer Einflussnahme seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen können." Die Landesregierung werde daher kommende Woche eine Überprüfung des ORF-Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragen.

Der ORF müsse seinen Kernauftrag "objektiv, unparteiisch und unabhängig erbringen können", hielt der Chef der SPÖ Burgenland laut Landesmedienservice fest. "Wenn das wichtigste Organ des ORF, der Stiftungsrat, nach dem geltenden Gesetz mehrheitlich von der Regierung besetzt wird, ist die Unabhängigkeit des ORF nicht gewährleistet. Die unabhängigen Medien sollten die Regierung kontrollieren - nicht die Regierung die Medien", betonte Doskozil.

Verwiesen wurde auf "Sideletter" der früheren und gegenwärtigen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ bzw. ÖVP und Grüne zu ORF-Personalbesetzungen. "Natürlich hat es auch in der Vergangenheit immer wieder Versuche der politischen Einflussnahme gegeben - niemand ist so blauäugig, das zu bestreiten. Aber die vor kurzem öffentlich gewordenen Chats zeigen, dass zuletzt Grenzüberschreitungen üblich wurden, die demokratiepolitisch und verfassungsrechtlich schwer bedenklich, aber durch das ORF-Gesetz gedeckt sind", sagte Doskozil. Die Unabhängigkeit des ORF "darf kein Lippenbekenntnis sein": "Deshalb ist es mir den Versuch wert, den Verfassungsgerichtshof als obersten Hüter der Verfassung die geltende Gesetzeslage überprüfen zu lassen", meinte der Landeshauptmann.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich werde durch zwei Verfassungsgesetze reguliert, wurde erläutert: Das BVG-Rundfunk verlange, dass die Unabhängigkeit seiner Mitarbeiter und seiner Organe garantiert werden. Die (im Verfassungsrang stehende) Europäische Menschenrechtskonvention solle sicherstellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht von einer bestimmten Gruppe, insbesondere von der Regierung, dominiert wird. "Nach Ansicht der burgenländischen Landesregierung wird das ORF-Gesetz derzeit diesen Anforderungen nicht gerecht: die Regierung hat aus mehreren Gründen zu viel Einfluss auf die Bestellung der Aufsichts- und Kontrollorgane des ORF, die eigentlich völlig unabhängig sein sollten", hieß es.

Erstens werde der überwiegende Teil der Mitglieder des Stiftungs- und Publikumsrates von der Regierung bzw. vom Bundeskanzler bestellt. Weiters gebe es keine Regelungen, die die Unabhängigkeit und die Qualifikation der Mitglieder dieser bedeutenden Gremien sicherstellen. Außerdem gebe es für diese Bestellungen weder ein öffentliches Auswahl- oder Besetzungsverfahren noch eine Möglichkeit, diese Besetzungen einer unabhängigen gerichtlichen oder behördlichen Kontrolle zu unterziehen.

"Von Parteipolitik dominiert"

"All das führt dazu, dass die Bestellung der genannten Organe des ORF von Parteipolitik dominiert wird, die verfassungsrechtlich gebotene Unabhängigkeit und 'Regierungsferne' ist nicht gegeben", wurde mitgeteilt. Daher beantragt die Landesregierung eine verfassungsmäßige Überprüfung des ORF-Gesetzes sowie eine Aufhebung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen durch den VfGH. Das Burgenland habe im Vorgriff auf diese Verfassungsbeschwerde für die neue Periode mit dem Künstler Christian Kolonovits einen Vertreter in den Stiftungsrat entsandt, der völlig unabhängig agieren könne und sich auch keinem Freundeskreis angeschlossen habe, meinte Doskozil.