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Wie brisant die Sicherheitslage in Europa ist, haben die jüngsten Ereignisse dieser Woche vor Augen geführt: Nach dem Flugzeugabsturz in Litauen – ein aus Deutschland kommender DHL-Frachter ist in Vilnius in ein Wohngebäude gekracht – steht ein Sabotageakt im Raum. Die Untersuchungen dauern zwar noch an, doch deutsche Sicherheitsbehörden hatten im Sommer vor entsprechenden Brandsätzen in Paketen gewarnt. Bei der Buchvorstellung von „Die Rückkehr des Krieges“ von Politikanalyst und Militärberater Franz-Stefan Gady bat Kleine-Außenpolitik-Chefin Nina Koren den Autor um eine Einschätzung. Befinden wir uns in einem hybriden Krieg?
Gady betonte zunächst, dass man die Ermittlungen abwarten müsse, es könnte sich auch um einen Unfall handeln. Doch es würde in das Repertoire Russlands passen, bei dem im Sommer abgefangenen Brandsatz in Deutschland würden auch alle Spuren nach Russland führen. Gady spricht in diesem Zusammenhang auch von psychologischer Kriegsführung. Es gehe einerseits darum, die Unterstützung für die Ukraine praktisch zu sabotieren, aber auch darum, Angst in Europa zu schüren. Gady ist überzeugt, dass Russland seit längerem mit subversiven Mitteln versucht, Europa stufenweise auszutesten: Wie weit kann man gehen, bevor Europa militärisch antwortet? „Das sind auch für uns akute Bedrohungen, insbesondere die Beeinflussung öffentlicher Meinung. Es geht darum, den europäischen Kontinent zu spalten.“ In anderen Bereichen habe Europa Fortschritte gemacht, meint der Analyst, so sei man immer besser gegen Angriffe auf kritische Infrastruktur gewappnet. Doch das Problem, wie man reagieren soll, wenn man Russland hier als Akteur identifiziert wird, besteht nach wie vor.
Damit kommt Franz-Stefan Gady zu einer seiner Hauptthesen: Abschreckung: Man muss Russland signalisieren, dass wir das nicht dulden: „Wer zu sehr auf Diplomatie setzt, läuft Gefahr, nicht ernst genommen zu werden.“ Es brauche beides: funktionierende Gesprächskanäle und Abschreckung, denn wer nur auf militärische Abschreckung setzt, laufe Gefahr, dass Konflikte eskalieren. Diese Balance vermisst Gady im deutschsprachigen Europa ab. In dem Zusammenhang spricht er bewusst provokant von „parasitärem Pazifismus“, „wir haben es uns unter dem Schutzschirm von anderen gemütlich gemacht.“ Vor allem Deutschland sieht der Experte hier in der Pflicht, unser Nachbar sei der wichtigste Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur, habe aber (wie auch Österreich) ein philosophisches Problem. Hier würden die Streitkräfte nur durch den Frieden gedacht und etwa über Katastrophenschutz oder bürokratische Strukturen nachgedacht, während wichtige Fragen über Personalreserven, Einsatzbereitschaft und wie gut man für den Ernstfall vorbereitet ist, außer Acht gelassen werden.
Franz-Stefan Gady im Video-Interview
Nina Korens Frage, wie Gady das schwer einschätzbare Verhalten des designierten US-Präsidenten Donald Trump im Ukraine Konflikt beurteilt, beantwortet der Experte mit drei Szenarien. Erstens, weiter wie bisher: Die Ukraine wird weiterhin sukzessive weitere Waffen unterstützt, doch im Hinblick auf eine mögliche weitere Eskalation mit Zurückhaltung. Zweitens, Trump überlässt die Ukraine sich selbst bzw. den Europäern und stellt die Unterstützung ein. Oder drittens, und das entspräche Trumps Naturell am ehesten, die „Eskalation zur Deeskalation“. Trump vervielfacht die Ukraine-Unterstützung, um die Verhandlungsposition der Ukraine zu stärken. Er könnte den Konflikt so weit eskalieren, dass Russland zum Rückzug und infolge an den Verhandlungstisch gezwungen wird.
Gady greift auch Trumps Aussage auf, wonach er den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden könne: „Nur Putin kann das.“ Der Autor warnt auch davor, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin in nächster Zeit in Europa als verhandlungswillig und Russland als friedlich präsentieren wird, während er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als Kriegstreiber hinstellen wird, um die Spaltung innerhalb Europas weiter voranzutreiben und die Ukraine-Unterstützung zu sabotieren. Das paart Putin mit nuklearer Rhetorik, die in Europa auf fruchtbaren Boden falle: „Die Angst davor ist bei uns tief eingebrannt.“