300 Sonnentage im Jahr, malerische Strände, antike Stätten, milde Winter und die sprichwörtliche griechische Gastfreundschaft: Hellas lockt nicht nur Urlauber, sondern auch Immobilienkäufer an. Als Refugium für Ruheständler wird das Land immer beliebter – zumal der griechische Finanzminister ausländische Pensionisten mit Steuervergünstigungen lockt. Aber wie realistisch ist der Traum vom Ruhestand in Griechenland?

Angelika Kerscher und Michael Plewka haben den Schritt schon vor einigen Jahren gewagt: Das Ehepaar ist nach Griechenland gezogen. „Und wir haben es keine einzige Sekunde bereut“, sagt die 73-Jährige. Von der Dachterrasse des kleinen Hauses, das die beiden Eheleute auf der griechischen Insel Ägina im Saronischen Golf vor Athen bewohnen, geht der Blick über die Dächer der Stadt und das glitzernde Meer hinüber zu den Bergen beim antiken Epidauros auf der Halbinsel Peloponnes.

2012 gekauft, inzwischen Hauptwohnsitz

Die Münchner haben früh ihre Liebe für das Land entdeckt: „Schon in unserer Jugend waren wir unabhängig voneinander Griechenlandfans“, erzählt Plewka. „Wir entdeckten die Gemeinsamkeit, als wir uns vor über 40 Jahren kennenlernten.“ 2012, auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise, hat das Ehepaar das Haus gekauft und von Grund auf renoviert. Anfangs nutzten sie es in den Ferien, inzwischen ist es ihr ständiger Wohnsitz.

Der Makler Christian Seyrer beobachtet ein wachsendes Interesse an Altersruhesitzen in Griechenland. Er ist Geschäftsführer des auf Griechenland spezialisierten Global Immobilien Service (GIS) in Augsburg. „Das Bedürfnis nach Ruhe und Privatsphäre nimmt seit der Pandemie immer mehr zu“, berichtet Seyrer.

„Nicht zu groß leben“

Das Haus des deutschen Ehepaars hat etwa 70 Quadratmeter Wohnfläche, dazu kommen die Dachterrasse mit 50 Quadratmetern und ein Garten mit Schatten spendenden Bäumen. „Das alles ist hier zusätzlicher Lebensraum, auch während des kurzen Winters“, sagt Angelika Kerscher. „Mit Blick auf das Alter ist es wichtig, nicht zu groß zu leben, wenn man Haus und Garten selbständig in Schuss halten will“, gibt sie zu bedenken. „Für uns war es wichtig, möglichst lange unabhängig von Helfern zu bleiben.“

Das Ehepaar entschied sich für Ägina, weil es keine typische Touristeninsel ist und hier im Winter „die Bürgersteige nicht hochgeklappt werden“, wie Angelika Kerscher sagt. Für die Insel sprach auch die Nähe zur Metropole Athen.

Gute Bestandsobjekte sind teuer

Ganzjährig gute Erreichbarkeit sei ein wichtiges Kriterium, bestätigt der Immobilienexperte Christian Seyrer. „Wir empfehlen Orte, deren Infrastruktur nicht vom Tourismus abhängig ist“, so der Makler. Die Immobilienpreise sind im Vergleich zu anderen Mittelmeerländern noch moderat. „Bei uns wird alles ab 250 000 Euro nachgefragt“, berichtet Seyrer. „Gute Bestandsobjekte sind allerdings rar und mit Preisen ab 700 000 Euro meist sehr teuer“, so der Makler.

Regierung lockt mit Vergünstigungen

Die Regierung lockt ausländische Senioren mit Vergünstigungen. Wer seinen Steuerwohnsitz nach Griechenland verlegt, zahlt dort nur sieben Prozent Einkommensteuer auf seine Rente. „Die Flatrate wird auf die gesamten im Ausland erzielten Einkünfte des Rentners erhoben und gilt für 15 Steuerjahre“, erläutert Dirk Reinhardt, Partner in der Anwaltsfirma MStR Law in Athen. Grundvoraussetzung ist, dass man mindestens 183 Tage im Jahr dort verbringt.

Günstigeres Leben

Nach Berechnungen von Eurostat sind die Verbraucherpreise in Griechenland etwa ein Viertel niedriger als in Deutschland oder Österreich. Aber in der Praxis variieren die Lebenshaltungskosten stark. Milchprodukte und importierte Markenartikel sind in Griechenland meist teurer, Brot, Pasta, Obst und Gemüse sowie einheimische Lebensmittel dagegen billiger. Auch in den landesüblichen Tavernen isst man meist preiswerter. Generell ist das Leben in ländlichen, vom Fremdenverkehr weniger berührten Gegenden des Landes deutlich billiger. Das gilt auch für Mieten und Immobilienpreise.

Erste Schritte

Nützliche Hinweise für EU-Bürger, die in Griechenland leben wollen, gibt das griechische Ministerium für digitale Verwaltung auf der Webseite „Your Guide to Greece“. Wer nach Griechenland übersiedelt, sollte als Erstes eine griechische Steuernummer beantragen. Denn ohne die läuft nichts. Man braucht sie für den Abschluss eines Mietvertrages ebenso wie für den Hauskauf, die Eröffnung eines Bankkontos, den Strom- und Wasseranschluss oder den Mobilfunkvertrag. EU-Bürger, die nach Griechenland übersiedeln, müssen sich bei der Ausländerpolizei eine Aufenthaltsgenehmigung besorgen. Voraussetzung ist der Nachweis des Rentenbezugs und einer in Griechenland gültigen Krankenversicherung.

Wartezeiten im Gesundheitswesen

Krankenversicherungsschutz ist gerade im Alter ein wichtiges Thema für Auswandernde. Wer als Pensionist in Österreich in der gesetzlichen Krankenkasse ist und eine Europäische Versicherungskarte (diese befindet sich auf der Rückseite der E-Card) hat, kann das staatliche griechische Gesundheitswesen in Anspruch nehmen. Dort kann es allerdings bei komplizierteren Untersuchungen oder OP-Terminen zu langen Wartezeiten kommen. Wer in Deutschland privat versichert ist, sollte mit seiner Versicherung den Leistungsumfang bei einer Übersiedlung nach Griechenland klären. Privatversicherte müssen in den privaten Kliniken erst einmal in Vorleistung treten. Es empfiehlt sich, dafür etwas auf die hohe Kante zu legen.

Behörden besser als ihr Ruf

Auch wenn die griechische Bürokratie berüchtigt ist: Angelika Kerscher hat die Erfahrung gemacht, dass man bei den Behörden Ausländern besonders hilfsbereit begegnet: „Alle sind unglaublich freundlich.“ Auch für Michael Plewka hat der Behördendschungel seine Schrecken verloren: „Nichts läuft nach Plan, aber irgendwie funktioniert alles.“

Auch wer sich zutraut, es mit der griechischen Bürokratie aufzunehmen, sollte aber spätestens beim Hauskauf einen Rechtsanwalt seines Vertrauens hinzuziehen. Der Anwalt hilft bei der Auswahl des Notars, prüft die Eigentumsverhältnisse der Immobilie und, in Zusammenarbeit mit einem Bauingenieur, die bauliche Gesetzmäßigkeit des Objekts,“ erklärt Rechtsanwalt Reinhardt. Ein wichtiger Punkt. Denn gerade ahnungslosen Ausländern werden nicht selten Schwarzbauten zum Kauf angeboten.