Wenn Roland Weißmann demnächst die neue Chefredaktion des ORF bekannt gibt, ist das auf jeden Fall der Gipfel einer Farce. Die Frage wäre bloß gewesen, ob der Generaldirektor das Kritikwürdige an diesem Bestellvorgang noch abmildert oder es auf die Spitze treibt. Das wäre der Fall, wenn er jenes Sextett kürt, das schon vor Stellenausschreibung dafür gehandelt wurde: Johannes Bruckenberger, Gabriele Waldner-Pammesberger und Sebastian Prokop sowie als Stellvertreter Eva Karabeg, Christian Staudinger und Inka Pieh.

Wie skurril der Vorgang ist, zeigt schon die zeitliche Abfolge. Die Ausschreibung wurde am 12. Oktober mit Bewerbungsfrist bis zum Nationalfeiertag veröffentlicht. Dienstbeginn ist am 1. Dezember. Angesichts üblicher Kündigungsfristen scheiden so die meisten externen Kompetenzgrößen als Bewerber aus. APA-Chefredakteur Bruckenberger hatte sich schon viel früher zur Kandidatur entschieden und trat gleich nach der Bewerbung von seinem Agentur-Posten zurück. Diesem Mut gebührt Respekt. Letztlich lieferte er sich Weißmann aus.

Entscheidet solo

Denn der Alleingeschäftsführer, General- und Info-Direktor in Personalunion entscheidet solo. Die Management-Hearings der Vorwoche sind nur scheinbar Auswahl-, sondern vor allem Image-Instrument dafür. Der Chef kann sich so auf die Wertung von anderen ORF-Oberen berufen. Die Assessoren dafür werden sehr sensibel gewählt, damit es auch klappt. Die rund 400-köpfige Redaktionsversammlung, die diese Woche 13 Kandidatinnen und Kandidaten angehört hat, ist hingegen stets unberechenbar im Urteil. Es macht für Weißmann keinen schlanken Fuß, wenn er sich über die Reihung seiner Journalisten hinwegsetzt, wie das Vorgänger Alexander Wrabetz mit der Bestellung von Matthias Schrom getan hatte.

Es verblüfft, dass noch fähige Bewerber von außen kommen. Nicht nur die Zeitabläufe, auch der Geruch politischer Einflussnahme beschädigt jeden Kandidaten. Doch der unabhängige Bruckenberger wäre ein außerordentlicher Glücksfall für den ORF. So wie die Reihung der Redaktionsversammlung vom Freitag ein außerordentlicher Glücksfall für Weißmann ist. Sie unterscheidet sich nur in einer Person vom Paket, das schon vor Ausschreibung publik geworden war: Birgit Schwarz statt Staudinger. Das ist der Idealfall für den Generaldirektor: Wenn er dem Wunsch der Redaktionsversammlung entspricht, kann er sagen, nichts sei vorab ausgemacht gewesen. Im Gegenteil: Im ORF herrsche eine hohe Übereinstimmung zwischen Belegschaft, Management und ihm, dem Chef. Doch schon für seinen Job hatte es kaum externe Bewerber gegeben.