Wir befinden uns in der Welt eines Elite-Internats. Dort wird vor allem die Sehnsucht der Eltern nach Erfolgs-Nachwuchs befriedigt, mit Kalenderspruch-Mottos wie „There is more in you“. Der Neuzugang im Lehrerkollegium ist die junge Miss Novak, undurchschaubar gespielt von US-Star Mia Wasikowska. Sie soll der zukünftigen Elite in einem Wahlfach „bewusste Ernährung“ beibringen. Das bedeutet Self-Improvement durch Verzicht. „Club Zero“ heißt denn auch der harte Kern dieser Wahlpflichtfach-Sekte. Die leicht verführbaren Jugendlichen steigern sich in die Askese hinein, und Miss Novak wird so zu einer bösen Version des „Oh Captain, my Captain“-Lehrers in „Der Club der toten Dichter“.

Thematisch sind die Bruchlinien schnell klar: eine Bildungsinstitution verfällt einer charismatischen Predigerin. Jugendliche wie Erwachsene wollen dem Lifestyle-Trend allzu gern glauben. An der hauchdünnen Oberfläche eine Art Veganer-Satire oder Magersuchts-Thriller, zeigt sich dahinter überdeutlich ein Lehrstück zu Fanatismus und Konsumismus. Gerade in der Zeit der auslaufenden Pandemie kommt einem die unheimliche Scharlatan-Figur der Miss Novak bekannt vor. Mit ihrem New-Age-Glauben an Lichtnahrung könnte sie ebenso gut eine Corona-Leugnerin und Impfgegnerin sein, die nur auf das natürliche Immunsystem vertraut. Oder eine erzchristliche Anti-Abtreibungs-Fanatikerin oder religiöse Hasspredigerin.

Das trifft einen Nerv und verhilft dem Film im Nachgang zu zusätzlicher Bedeutung. Ohne dass die gesellschaftspolitischen Anklänge ausbuchstabiert werden, verschwindet das thematische Konzept insgesamt nie hinter der Geschichte. Hausner lässt der Bösartigkeit und Körperlichkeit dabei leider nicht freien Lauf. Ihr strenger, zynischer Stil baut Spannung auf, mündet dann aber nicht unbedingt in einem kathartischen Finale.

Die surrealen Kinoqualitäten von „Club Zero“ hängen indessen maßgeblich an ihrer Schwester Tanja Hausner, die für die markante Farbpalette der Kostüme verantwortlich zeichnet, sowie der Arbeit von Kameramann Martin Gschlacht und Designerin Beck Rainford. Die wunderbaren Pastelltöne der streng komponierten Bilder brachten den Film immerhin bis in den heurigen Wettbewerb von Cannes. Bon appetit!