Die im Vorjahr angekündigte Musterklage gegen die Salzburger Festspiele u.a. wegen des Vorwurfs der Verletzung der Zahlungspflicht im Zusammenhang mit Verschiebungen und Absagen 2020 wird am 15. November vor Gericht verhandelt. Das gab „art but fair UNITED“, der Berufsverband für Freischaffende der Darstellenden Kunst und Musik, am Montag bei einer Pressekonferenz bekannt. Zugleich wurde eine Musterklage in einer anderen Causa gegen die Bundestheater Holding angekündigt.

Die Verhandlung finde „nach zahlreichen von Salzburg erwirkten Verschiebungen“ am Wiener Arbeits- und Sozialgericht statt, wie Kammersänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke und der Anwalt Georg Streit erläuterten. Mit der Musterklage wolle man endgültig klären, ob die Zusatzmitglieder der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor in einem Dienstverhältnis zu den Salzburger Festspielen standen. „Bejaht das Gericht dies, so hätten die Salzburger Festspiele in weiterer Folge die Sozialversicherungspflicht über Jahrzehnte wegen Nichtversicherung der Vorprobenzeit missachtet“, so Ablinger-Sperrhacke. Schließlich seien laut dem Theaterarbeitsgesetz (TAG) Vorproben als Dienstantritt zu werten „und natürlich auch zu entlohnen und zu versichern“. Zudem sollen die Repräsentanten der Salzburger Festspiele auch zu den Umständen, die zur einseitigen Beendigung der Verträge mit 80 Zusatzmitgliedern im Corona-Jahr 2020 geführt haben, Stellung nehmen. Schließlich habe es bis dato teils keine Ausfallhonorare gegeben.

Dass die jüngst bekannt gewordene Absage an das gesamte „Jedermann“-Team für 2024 ebenfalls ein gerichtliches Nachspiel haben könnte, ist für Rechtsanwalt Streit durchaus denkbar, wie er auf APA-Anfrage sagte. „Ich nehme nicht an, dass das Ensemble das hinnimmt“, so der Experte. Natürlich müsse man sich - sollte es zu Klagen kommen - „im Detail anschauen, wer wem was zugesagt hat und ob es fixe Vereinbarungen gegeben haben kann“. „Natürlich“ würden auch mündliche Verträge gelten. Bereits am Wochenende hatte sich die ehemalige Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, Bettina Hering, im „Standard“ „schockiert über die Unprofessionalität, die hier an den Tag gelegt wurde“, gezeigt. Im Rahmen der Verleihung der Nestroy-Preise kritisierte sie den „Vorgang, der nicht in die Zukunft zeigt“. Das Vorgehen verstoße „vollkommen gegen die Werte, mit denen ich meine Arbeit ausgeführt habe“. Ob es zu einer Klage etwa von Regisseur Michael Sturminger oder Ensemble-Mitgliedern kommt, wird sich noch zeigen.

Fix ist hingegen eine Klage von Ablinger-Sperrhacke gegen die Bundestheater-Holding: Gemeinsam mit dem Anwalt Roland Katary hat er eine Musterklage zum Thema „Provisionsteilung“ angestrengt. Diese sei laut TAG „unter der Voraussetzung der Kenntnis der Vermittlungstätigkeit zwingend vorgeschrieben“ und bedeutet, dass die Vermittlungsgebühr (von üblicherweise 10 Prozent der Netto-Gage) einer Agentur, die Künstler und Auftraggeber zusammenbringt, höchstens zu 50 Prozent vom Künstler zu zahlen ist, der Rest sei vom Theaterunternehmer zu begleichen. „In der Ära Holender an der Wiener Staatsoper wurde der Theateranteil aber ‚abgeschafft‘“, so Ablinger-Sperrhacke. Dies sei ohne Änderung des TAG erfolgt, weitere Bundestheater sowie die Salzburger und Bregenzer Festspiele hätten ihre Anteile seit Jahren auch nicht bezahlt. Sehr wohl daran halten würden sich das Tiroler Landestheater, das Stadttheater Klagenfurt oder die Grazer Oper. Allein die Staatsoper würde sich so pro Jahr rund 700.000 Euro sparen.

Kulturminister Werner Kogler (Grüne) habe in seiner Beantwortung auf eine parlamentarische Anfrage der SPÖ die rechtliche Überprüfung der Situation an den Bundestheatern zugesichert. Seit August 2023 sei das Kulturstaatssekretariat über konkrete Planungen zu einer diesbezüglichen Musterklage informiert und habe just am 25. Oktober eine „kleine Novelle“ des TAG als Begutachtungsvorlage vorgestellt. Diese Novelle versuche, den betreffenden Paragrafen „genau im Sinne der bisherigen Handhabung der Bundestheater und auch der Sachlage der Musterklage zu ändern“, kritisiert Ablinger-Sperrhacke. Demnach sei künftig nur mehr eine Vermittlungsprovision fällig, „wenn sich beide Vertragsseiten nicht kennen“. Dies sei der Judikatur „zur normalen Arbeitsvermittlung entnommen“ und nicht sinnvoll. „Das lässt vermuten, dass es sich hier um eine von den Bundestheatern ‚bestellte‘ Form der Anlassgesetzgebung handelt.“ Die Musterklage werde „in Kürze“ eingereicht, eine Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf ebenfalls.