Ihr Film erzählt zwei Geschichten. Olga ist der Import, sie kommt aus der Ukraine nach Wien. Der Export heißt Paul, ist Wiener, arbeitslos, verschuldet. Er hofft, sich in der Ukraine eine neue Existenz aufbauen zu können.
Ulrich Seidl: Ich habe im 22. Wiener Gemeindebezirk das Porträt einer siebenköpfigen Arbeitslosenfamilie gemacht. Der 17-jährige Sohn ist mein Vorbild für Paul. Dann bin ich eine Zeitlang oft in den Osten gereist. Und wie es so ist: Man lässt sich aus vielen Ecken inspirieren und so wächst das Ganze.

Sie führen uns zum Websex, ins Krankenhaus, in die Geriatrie, in einen österreichischen Haushalt. Nutzt der Seidl das alles aus, um uns erschreckende oder eindrucksvolle Bilder zu präsentieren?
Seidl: Das macht der Seidl nicht, sondern er versucht, die Menschen in ihrer Würde zu belassen. Dass die Geriatrie nun einmal so ausschaut wie sie ausschaut, ist kein Grund wegzuschauen. Nebenbei wird dort alles von einem hohen Anteil an Ausländern geschupft. Das Problem ist kein Pflegeproblem, sondern ein menschliches. Über 80 Prozent der Insassen bekommen keine Besuche.

Beeindruckend, wie sie Laien und Profis zu einem Team formen. Die Darstellerin der Olga, Ekateryna Rak...
Seidl: ...ist ausgebildete Krankenschwester, hat im Kindertheater in Nikolajew, in der Nähe von Odessa, Rollen wie Schneewittchen gespielt. Sie kam erst drei Wochen vor Drehbeginn nach Österreich und konnte kein Wort Deutsch. Sie hat es in kürzester Zeit fabelhaft gelernt. Danach ging sie wieder in die Ukraine zurück. Nicht für jeden aus dem Osten ist der Westen so erstrebenswert.

Sie zeigen nicht nur nackte Frauen, sondern auch sehr nackte Männer. Etwa Michael Thomas.
Seidl: Michael Thomas, Sohn des Kabarettisten Fred Weis und der Schauspielerin Tilla Hohenfels, spielt seit 17 Jahren bei diversen Karl-May-Festspielen den Old Shatterhand. Ich halte ihn für sehr begabt und finde es sonderbar, dass ihm trotz seines Talents bisher keine anderen Aufgaben angeboten werden.

"Hundstage" bekam 2001 in Venedig den Großen Preis der Jury, "Import Export" war in Cannes. Wirken sich Festivals wirklich aus?
Seidl: Es kann einem mit seiner Arbeit nichts Besseres passieren. "Import Export" wurde mittlerweile in über 20 Länder verkauft.

Welche Reaktion zu Import Export hat Sie beeindruckt?
Seidl: Die meines jungen Darstellers Paul Hofmann. Er hat gesagt: Du hast mir mit diesem Film meine Würde wiedergegeben. Mein Vater hatte sie mir genommen.

Schon ein Thema für einen neuen Film gefunden?
Seidl: Ja. Massentourismus. Und der ist so vielfältig, dass ich nicht weiß, ob ich mit einem einzigen Film auskomme.