Am Ende der Start-Ziel-Gerade des Circuit Ricardo Tormo bei Valencia steigt Walter Röhrl in die Eisen. Hart, herzlich und spät hat der ehemalige Rallyeweltmeister gebremst, der neue 911 Coupé (450 PS) folgt den Kommandos willig, Röhrl hetzt Porsches neues Herzstück durch die Kurvenkombinationen, wo normalerweise die Moto-GP zur Treibjagd bläst. Man bewegt sich in einem extremen Fahrdynamik-Bereich, in dem Beifahrer entweder die Antiperistaltik ihrer Speiseröhre wahrnehmen oder zumindest ein nervöses Beuscherl. Aber man bleibt ziemlich entspannt, bis auf die Fliehkräfte.

Der neue 911er - die achte Generation - pickt unglaublich auf der Straße, ohne brettlhart zu sein. Der Komfort bei dem Tempo, bei den im Grenzbereich gefahrenen Kurven, ist unglaublich. Bei einem Tempo jenseits der 200er-Marke erzählt Röhrl unaufgeregt: „Die Fahrwerks-Philosophie wurde ganz neu aufgesetzt, inspiriert auch vom GT3 RS: Mit härteren Federn, aber weicher gedämpft, dazu konnte man dünnere Stabis durch die breitere Spur verwenden - das Auto stützt sich quasi selber besser ab.“ Das Resultat? „Damit bekommt man den Widerspruch zwischen Komfort und Sportlichkeit besser in den Griff. Auch die noch direktere Lenkung konnte man nur deshalb umsetzen, weil die Abstimmung richtungsstabiler ist und man weniger Rollbewegungen und mehr Stabilität hat.“ Unser Magen sagt: Wohl bekommt's.

Dieser neue 911er ist in seiner Spreizung zwischen Komfort und Rennwagen ein Chamäleon. Röhrls Erklärung in Zahlen gegossen: Die Spur an der Vorderachse ist um 46 mm gewachsen, die S-Modelle stehen vorne auf 20-Zöllern und hinten auf 21-Zöllern. „Durch diese Maßnahmen und durch die elektronischen Helferlein ist dieser 911er einfacher denn je zu fahren.“ Zu einfach? „Schmarren“, sagt Röhrl. „Es ist immer noch Autofahren pur. Elektronik und diverse Maßnahmen helfen nur.“

Das Design hat sich durch die neue Breitenwirkung stärker als erwartet verändert, Hightech schlummert in den Lufteinlässen bis zum variablen Flügel. In den Radkästen lauscht man an Frequenzen, die Regen und Wasser verraten - und stellt das Stabilitätsprogramm automatisch sicherer ein. Interieur? Als Hommage an die alten 911er wurde der Instrumententräger horizontal ausgerichtet, die Mittelkonsole ohne Köpferlorgie konzipiert. Einziges analoges Element: Drehzahlmesser, sonst gibt man sich digital.

Der Motor wurde überarbeitet, 30 PS mehr Power (0 auf 100 km/h in 3,6 Sek.), mehr Drehmoment, effizienter. Das neue Achtgang-PDK: perfekt in den Übergängen und wie es den Fahrmodi Charakter gibt.

Die größte Überraschung? Man hat einen Platz für eine Hybridisierung frei gelassen. Porsche-Entwicklungschef Michael Steiner: „Wir untersuchen intensiv, mit welchem Grad wir die Hybridisierung machen, bis hin zum Plug-in. Wenn es nach mir geht, dann werden wir zur Halbzeit eine Hybridisierung sehen. Im 911er wird diese Technik aber am Perfomancepotenzial gemessen, weniger an der rein elektrischen Reichweite. Der 911er ist und bleibt unser Markenkern, der Orientierungspunkt und der Anker.“

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