Automobile Schlachten werden in Luxusklasse-Superlativen geschlagen, Kriege gewinnt – oder verliert – man in der Kompaktklasse. Und genau dort haben es Klassenprimus Golf und ewiger Zweiter Astra nun mit einem ebenbürtigen Gegner zu tun. Hyundai macht sich im 50. Jahr seines Bestehens (und im 25. in Europa) mit dem i30 selbst ein Geschenk und dem Mitbewerb zumindest Kopfzerbrechen.
Es scheint, als habe man in Korea alles richtig gemacht. Das Außendesign gelang sehr modern und gefällig; wenn man will, entdeckt man an manchen Stellen Zitate von VW, BMW, Audi – aber dennoch hat der i30 eine eigenständige, erfrischende Linie, bei der vor allem die Lichter (vorne und hinten) sowie der neue Kühlergrill (er wird das künftige Markenzeichen der Hyundai-Familie) hervorstechen. Ein Kombi soll später folgen.
Innen geht es mit den guten Eindrücken weiter. Hier stößt man auf ein aufgeräumtes Cockpit mit einem aufragenden 8-Zoll-Touchscreen und klar strukturiert platzierten Schaltern und Tasten. Die Materialanmutung ist gut, allerdings bleibt zumindest in diesem Bereich durch Plastikeinsatz noch ein gewisser Abstand zu den Deutschen feststellbar. Obwohl – der i30 ist im Grunde eh ein durch und durch europäisches Fahrzeug; entwickelt in Rüsselsheim und gebaut in Tschechien.
Die Platzverhältnisse sind in Ordnung, auch der Kofferraum gibt mit 395 Litern keinen Grund zur Beanstandung (um 15 Liter mehr als der Golf). Was überrascht, ist das reichhaltige Angebot an Assistenzsystemen und Features, die für die Kompaktklasse alles andere als selbstverständlich sind. So gehören etwa aktiver Spurhalteassistent, Müdigkeitswarner, Fernlichtassistent und City-Notbremsfunktion schon zur Grundausstattung.
Zu haben ist aber letzten Endes das volle Programm: Totwinkelwarner, Verkehrszeichenerkennung, Navi sowieso, dazu noch adaptives Abstandsradar samt Bremsassistent und Parkautomat mit Querverkehrswarner. Elektrisch verstellbarer Fahrersitz, Ledersitze mit Kühlfunktion, Soundsystem mit Android Auto und Apple CarPlay und sogar kabelloses Laden entsprechender Smartphones runden das reichhaltige Angebot ab. Gute Idee, auch in artverwandten Kias zu finden: Einige Assistenzsysteme lassen sich über eine Schalterleiste links des Lenkrads einfach ein- und ausschalten – und nicht erst über komplizierte Menüs.
Wie er sich fährt: Die Lenkung ist erfrischend direkt, der Wagen liegt gut in der Hand. Das Fahrwerk ist ausreichend straff, aber klar auf Komfort und nicht auf Sportbetrieb ausgelegt. Bei den Motoren, die wahlweise mit Schaltgetriebe 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe zu haben sind, gibt es einige Überraschungen – vor allem bei den Benzinern. Da wäre einmal der neue 1,4-Liter-Turbo mit 140 PS, der dem 136-PS-Diesel durchaus ebenbürtig ist und einen Tick mehr Fahrspaß vermittelt. Wirklich fein – und damit eine echte Alternative zu den Dieselmaschinen – ist aber der kleine 1,0-Liter-Dreizylinder mit 120 PS, den man schon aus dem i20 kennt. Sparsam, mit leicht kernigem Sound und durchaus ausreichend für den Alltagsbetrieb – eine Empfehlung.
Gibt es gar nichts auszusetzen? Höchstens ein paar Kleinigkeiten. Beim Test war das Navi nicht immer ganz auf der Höhe; allerdings ist das Gerät mit einem siebenjährigen kostenlosen Abo der Live Services verbunden (Info-updates in Echtzeit). Auf der Autobahn fielen einige Male Windgeräusche auf und die Bremsen könnten ruhig von Beginn an etwas kräftiger zupacken. Dennoch: So dicht an der Nummer eins war Hyundai noch nie dran.