Menschentrauben scharten sich um diesen außergewöhnlichen Debütanten auf der New York Auto Show im Jahr 1935, manche Zaungäste stellten sich sogar auf die Stoßstangen der benachbarten ausgestellten Fahrzeuge, um einen Blick zu erhaschen.
Denn was da im Scheinwerferlicht stand, das hatte man in den USA anno 1935 noch nie gesehen: Ein Auto, das so niedrig baute, dass man zum Einsteigen keine Trittbretter brauchte. Keinen klassischen Kühlergrill gegen den Wind stemmte und auch keine freistehenden Scheinwerfer hatte. Vielmehr waren sie in die Kotflügel integriert, konnten auf- und zugeklappt und stammten aus einem Flugzeug.
Der Cord 810 schrieb als erstes Serienfahrzeug mit Klappscheinwerfern Geschichte: Der kleine Hersteller aus Auburn (Indiana) war notorisch knapp bei Kasse, also machte man fehlende Mittel mit einer atemberaubenden stromlinienförmigen Karosserie und technischen Innovationen wett: Er war nämlich der erste in den USA gebaute und entwickelte Fronttriebler mit Einzelradaufhängung an der Vorderachse.
Bei aller Extravaganz ließ man sich die US-Standardmotorisierung - einen üppigen V8 mit 4,7 Litern Hubraum und 126 PS - aber doch nicht nehmen. Die kompressorgeladenen Versionen wurden 812 genannt - man erkannte sie auf den ersten Blick an den Auspuffrohren, die sich aus der kantigen Haube (die man auch "Coffin Nose", also Sarg-Nase nannte) heraus unter den Wagen schlängelten.
Ob mit oder ohne Aufladung - der Cord war schnell, sensationell auffällig und bald der Liebling der Stars. Aber technische Macken - vor allem mit dem halbautomatischen Getriebe - machten dem Pionier 1937 den Garaus. Und dem Hersteller gleich dazu.
Insofern sollte es auch eine ganze Weile dauern, bis man sich in den USA wieder an den Frontantrieb herantraute: 1965 kam der Oldsmobile Toronado, im Jahr darauf der Cadillac Eldorado (beide auf einer Plattform von General Motors). Aber beide hatten sie ebenfalls klapp- oder verdeckbare Scheinwerfer.
Von Karin Riess