Li Shufu? In China ist der Mann längst ein Held und wird verehrt wie ein Popstar. Bald aber sollen den Unternehmer auch Europa und der Rest der Welt kennen und durchaus fürchten lernen. Mit der neuen Marke Lynk & Co will der selbstbewusste Milliardär und Eigentümer des chinesischen Automobilkonzerns Geely ab 2018 zum globalen Kreuzzug antreten und mittelfristig zu den zehn größten Produzenten der Welt aufsteigen.
In seiner Heimatprovinz Zhejiang zweifelt niemand daran, dass es der 53-Jährige, der seit Jahren zu den reichsten Menschen Chinas zählt, nicht schaffen könnte. Zu beeindruckend und zielstrebig liest sich der Lebenslauf des Sohns eines einfachen Reisbauers, der zu einem der erfolgreichsten Wirtschaftskapitäne der Volksrepublik aufstieg.
Beschäftigte sich der junge Shufu zunächst mit der Fertigung von Kühlschränken, baute er Mitte der 1980er-Jahre eine eigene Firma auf, der er 1989 den Namen Geely gab (,,Glück verheißend“). Shufu war schnell mit dem Bau von Motorrädern erfolgreich. Der Traum vom leistbaren Automobil erfüllte sich allerdings mit Verzögerung: Die Behörden ließen den Autospinner aus der Provinz jahrelang zappeln und erteilten ihm erst 2001 die Lizenz für Pkw-Bau.
Schnell entwickelte sich Geely zum zweitgrößten privaten Autohersteller Chinas, wobei die Marke zunächst gnadenlos kopierte und sich dabei so manche Urheberrechtsklage einhandelte. Der aggressive Expansionskurs gipfelte 2010 im Erwerb von Volvo: Der Kauf der maroden schwedischen Traditionsmarke - Li Shufu zahlte Ford dafür 1,8 Milliarden Dollar - erwies sich als Goldgriff. Mit einem Schlag hatte Geely Zugriff auf westliche Technologien und formte seine Kernmarke mithilfe von europäischen Topmanagern wie Carl-Peter Forster oder Design-Chef Peter Horbury zu einem Hersteller auf internationalem Niveau.
Und die Marken von Li Shufu, der sich 2012 übrigens auch London Taxi einverleibte, florieren: Volvo entwickelte sich unter den Chinesen zu einer Perle und wird heuer deutlich über eine halbe Million Fahrzeuge verkaufen, bei Geely geht man von rund 700.000 Einheiten aus.
Die neue Marke Lynk & Co will Li Shufu, der schon als Henry Ford von China gilt, in der Mitte zwischen Geely und Volvo positionieren. Geführt wird das junge Label von westlichen Profis: Ex-Opel-Vorstand Alain Visser ist der Chef, Volvo-Mann Andreas Nilsson zeichnet für das Design verantwortlich. Was für Lynk & Co sprechen soll: das europäische Design, die Technikbasis von Volvo, der Preis und ein völlig neues Vertriebskonzept. Ein Bauchfleck ist nicht vorgesehen.
Gerhard Nöhrer