Die aufsehenerregendste Premiere des Genfer Autosalons war auf der Messe selbst gar nicht zu sehen. Am Vorabend blickte Volkswagen mit der Studie Sedric tief in die Glaskugel und nannte vorsichtshalber keinen Zeithorizont für das vollautonome Szenario auf der Bühne.
Dennoch zeigt das Showcar, wohin die Reise geht: Es hat kein Lenkrad, keine Pedale und kleine Tasten – und macht den Autofahrer zum Passagier. Sedric stromert als Teil einer Volkswagen-Flotte durch die Städte und wartet als Roboterchauffeur auf seine Kunden. Er fährt die Kinder zur Schule und anschließend die Eltern ins Büro, sucht selbstständig einen Parkplatz, sammelt bestellte Einkäufe ein, holt Besucher vom Bahnhof und den Sohn vom Sportplatz ab – alles auf Knopfdruck, per Sprachbefehl oder mit einer App.
Der Mann hinter Sedric ist VW-Digitalchef Johann Jungwirth. „Ich bin der festen Überzeugung, dass meine Kinder keinen Führerschein mehr brauchen“, ist der ehemalige Apple-Manager sicher. Selbstfahrende Fahrzeuge seien „das nächste große Ding“ für die Autobranche, vergleichbar mit dem Stellenwert des Verbrennungsmotors im 20. Jahrhundert. „Meine Vision ist Mobilität für alle, eine Demokratisierung der Fortbewegung. Für Blinde, für Alte, für Kranke, für Kinder“, sagt Jungwirth. Als bequemere Alternative zu Bussen und Bahnen könnten die Hersteller womöglich sogar mehr Autos als heute bauen. Kein unwichtiger Nebeneffekt für die Industrie, der Milliardeninvestitionen bevorstehen.
Obwohl vor dem Jahr 2030 von vollautonomer Fortbewegung – genannt Level 5 – keine Rede sein dürfte, will kein Autobauer den Zug der Zeit verpassen: Toyota zeigte in Genf mit dem Megacity-Mobil i-Tril seine Zukunftsvision. Auch der dreisitzige Flügeltürer kommt ganz ohne Lenkrad und Pedale aus, selbst wenn man nicht im autonomen Modus unterwegs ist: Bedient wird der 2,8-Meter-Bonsai über Steuermodule, die einem Gamecontroller ähneln.
Daneben sieht das Showcar der Schweizer Ideenschmiede Rinspeed fast schon konventionell aus – hätte es nicht ein kleines Blumenbeet auf dem Armaturenbrett: Der selbstfahrende Oasis kann morgens als Commuter- oder Einkaufswagen dienen, nachmittags als Zustellungsauto für den urbanen Paketdienst und abends bei der Heimfahrt als Pizza-Taxi.
Weil er auch nach wie vor Fahrspaß der alten Schule verbreiten soll, orientiert sich Peugeots Konzeptfahrzeug Instinct optisch noch am ehesten daran, was wir heute unter einem Auto verstehen. Der Shooting Brake mit den gegenläufig öffnenden Türen ist in die Cloud seines Nutzers, die Daten aus Smartphone oder Haustechnik enthält, integriert. Daraus erstellt er ein Nutzerprofil: Nach dem Training meldet die Smartwatch, dass der Fahrer erschöpft ist. Der Peugeot aktiviert den autonomen Modus, klappt das Lenkrad ein und senkt die Sitze ab, damit der Nutzer sich auf dem Weg nach Hause ausruhen kann.