Ein Neubeginn sollte es sein: Der Name Giulia beschwört die alten Zeiten, als Alfa noch eine magische Marke war. Mit der alten Giulia hat man heute freilich nur noch den Namen gemeinsam - und eben die Erinnerung an eine glorreiche Vergangenheit.
Bekannt ist: Alfa hat große Pläne für die Zukunft gemacht. Ein SUV wird genauso kommen, der US-Markt soll aufgerollt werden. Entscheidungen, die logisch klingen. Der SUV-Markt wächst. Wenn ich eine Marke wieder in Schwung bringen möchte, brauche ich diese Modellvariante in meinem Programm.
Aber das sind nicht die einzigen Faktoren, die zählen, wenn man auf Dauer erfolgreich sein will: Alfa muss erstens seine Autos herausragend designen. Die neue Giulia schaut schon einmal gut aus und kommt gut an - da haben sie Geschmack bewiesen. Vorne passt's perfekt, seitlich betrachtet sieht man, auf welche Gegner die Strategie abzielt.
Zweitens: Die Qualität muss genauso passen, das wird die Zeit zeigen. Und drittens wird man auch technisch markante Zeichen setzen müssen. Das Potenzial ist da, das sieht man schon in der ersten Giulia-Ausgabe - und wie ernsthaft die Italiener an die Sache herangegangen sind.
Nehmen wir einmal Platz: Man sitzt höher als erwartet, daran kann man sich aber schnell gewöhnen. Auch weil das Cockpit wirklich klar und übersichtlich wirkt. Auch die integrierte Navi-Entertainment-Einheit nebenan gefällt mir besser als die aufs Armaturenbrett aufgeflanschten Versionen der Konkurrenz. Die großen Schaltpaddles liegen relativ nah am Lenkrad, sie sind fix montiert - wenn man doch einmal Spaß haben möchte, weiß man im Drift immer, wo man rauf- und runterschalten muss.
Der Motor, den wir getestet haben, ist ein 2.2-Diesel und ein echter Hammer: Das Drehmoment ist exzellent, schon von unten heraus hast du viel Kraft zur Verfügung. Vom Lärm bleibt er - selbst wenn man ihn höherdreht - unauffällig. Das Ansprechverhalten ist und bleibt hervorragend, da gibt's kein Turboloch. Überzeugt hat mich auch die 8-Gang-Automatik - sie schaltet so schnell, dass es fast keinen Unterschied zu einem Doppelkupplungsgetriebe gibt. Das ist souveräne Umsetzung der 180 PS. Der Alfa lenkt fein ein, die Bremsen passen ebenso gut.
Ich habe übrigens die schärfste Giulia-Version mit über 500 Benzin-PS auch auf einer Renn- und Teststrecke bei Extrembedingungen getestet - dort hatte die Hinterachse zu wenig Einfederweg in einer Kompression, da musste man das Auto schon mit Gefühl behandeln. Deshalb habe ich bei unserem aktuellen Testauto auch ein paar Extratouren gemacht: Vollbremsung bei hohem Tempo in der Kurve: kein Problem, souverän gemeistert. Auch in Grenzsituationen blieb das Auto immer stabil. Im Normalbetrieb wird man diese Giulia nur schwer an ihre Grenzen bringen.
Es ist also ein guter Anfang. Jetzt müssen die Italiener zeigen, dass sie den langen Atem haben, so intensiv weiterzuarbeiten - eben volle Kraft voraus.