Wenn die Diesel-Affäre etwas Gutes hatte, dann, dass sie bei Volkswagen so einiges in Bewegung gebracht hat: Der Konzern will mit der neuen Marke "Moia" zu einem der drei weltweit führenden Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing und die Vermittlung von Fahrdiensten aufsteigen.
Bis zum Jahr 2025 solle ein "substanzieller Teil des Konzern-Umsatzes mit dem neuen Geschäftsbereich erzielt werden", kündigte Ole Harms, Chef der neugegründeten Konzerntochter Moia, am Montag auf der Technologie-Konferenz "TechCrunch Disrupt" in London an. „MOIA ist ein eigenständiges Unternehmen unter dem Dach des Volkswagen Konzerns, welches eigene Mobilitätsdienstleistungen selbständig oder partnerschaftlich mit Städten und den bestehenden Verkehrssystemen entwickeln und vermarkten wird. Parallel werden die Marken des Konzerns ihre markenspezifischen Services vorantreiben“, sagt Harms.
Volkswagen verfolge dabei eine "Buy&Build"-Strategie mit Zukäufen und im Unternehmen selbst aufgebauten Bereichen. Über die Volkswagen-Gruppe sei eine nachhaltige Finanzierung abgesichert. "Wir wollen ein relevanter Player am Markt sein, daher streben wir in einigen Jahren einen Umsatz in Milliarden-Höhe an. Wir wollen ein Unicorn werden." Mit dem Begriff "Unicorn" werden in der Start-up-Szene die Unternehmen bezeichnet, die mehr als eine Milliarde Euro bzw. US-Dollar wert sind.
Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, warb Volkswagen vom Rivalen Daimler einen hochrangigen Manager ab: Robert Henrich, der in Stuttgart seit 2010 den Carsharing-Dienst car2go mit aufgebaut hatte und seit drei Jahren Chef der Daimler-Mobilitätstochter Moovel Group war, fängt im Jänner 2017 bei Moia als Geschäftsführer (Chief Operating Officer) an.
Das neue Unternehmen der Volkswagen Gruppe wird seinen Sitz in Berlin haben, wo in der Startphase ein rund 50-köpfiges Team arbeiten wird – dieses soll bis Ende 2017 schnell anwachsen. Ein weiterer wichtiger Standort für "Moia" wird in Deutschland die Stadt Hamburg sein. Bereits im Herbst dieses Jahres hat der Volkswagen Konzern mit der Hansestadt eine strategische Mobilitätspartnerschaft für drei Jahre vereinbart, um die urbane Mobilität umweltschonender, sicherer, verlässlicher und effizienter zu gestalten.
Das größte Potenzial für "Moia" birgt im ersten Schritt das Geschäftsfeld der Fahrtenvermittlung via App („Ride Hailing“). Mit der Beteiligung an Gett, einem Vermittler von Fahrdienstleistungen auf Abruf, hat der Volkswagen Konzern bereits den Weg zu neuen Mobilitätskonzepten eingeschlagen. Nutzer der Gett-App können bereits in über 100 Städten weltweit bequem per Knopfdruck Fahrten, Lieferdienste oder Logistikleistungen buchen.
Parallel fokussiert sich "Moia" auf das zweite große Geschäftsfeld des Poolings. Ziel dabei ist es, eigene Pooling Services auf Abruf via App zu schaffen – auch connected commuting genannt. Angestrebt werden ganzheitliche Transportlösungen, die den Individualverkehr und den öffentlichen Verkehr effizienter gestalten. So können unnötige Einzelfahrten im Individualverkehr vermieden und die bestehende Straßeninfrastruktur besser genutzt werden. Erste Piloten in diesem Bereich sollen noch in 2017 starten.