Über sich haben Sie in Wolfsburg nur den lieben Gott, schrieb die FAZ. Der liebe Gott heißt Ferdinand Piech. Warum hat er Ihnen das Vertrauen entzogen?
Bernd Pischetsrieder: Wenn man in grundsätzlichen Dingen anderer Meinung ist, aber die gleiche Aufgabe hat, da kann man es nur entweder so oder so machen. Dann sticht der Ober den Unter, das ist ganz ganz einfach.

Wie schwierig ist das Verhältnis zwischen Ihnen und Piech?
Pischetsrieder: Wir haben kein schwieriges Verhältnis. Nur ein ganz klares, freundschaftliches. Das schließt die Uneinigkeit in der Sache nicht aus.

Sie waren erst im Mai für fünf weitere Jahre bestellt worden. Wie groß ist die Bitternis?
Pischetsrieder: Da ist keine Bitternis. Erstens habe ich darin Übung (Anm.: Trennung von BMW). Und zweitens: Ich hätte viel ein größeres Problem, wenn ich mir und meinen Grundsätzen nicht selber treu bliebe. Das Wichtigste ist, dass man sich am Morgen mit Anstand in den Spiegel schauen kann. Das tue ich.

Ihr Vertrag als Vorstandschef von VW endet am 31. Dezember. Was machen Sie am 1. Jänner?
Pischetsrieder: Ich werde das eine oder andere noch für den Konzern machen, aber nicht als Vorstand. Etwa die Fusion von Scania und MAN.

Würden Sie sich in der Autobranche noch etwas Großes zutrauen?
Pischetsrieder: Sag niemals nie. Bernie Ecclestone hat angerufen und gemeint, wir sollten Aston Martin kaufen. Ich genieße jetzt einmal, die Herrschaft über die Zeit zurückgewonnen zu haben.

Sie haben in der Südsteiermark eine zweite Heimat gefunden und kommen oft nur für wenige Stunden hierher. Was zieht Sie an?
Pischetsrieder: Es ist ein wunderschönes Land. Die Menschen sind offen und freundlich. Schöne Kulissen gibt es viele. Zur Kulisse gehören Menschen und ein Charakter, Lebensfreude und die Einstellung zu den Dingen des Lebens. Die mag ich hier.

Worin liegt der Unterschied zur bayerischen Lebensart?
Pischetsrieder: Die Menschen in Weingegenden haben eine andere Art zu leben. Ich will nicht sagen, dass Bayern eine Biergegend ist, aber jedenfalls keine Weingegend. Bayern haben etwas Grobes, Grantelndes für Nicht-Bayern. Das gibt es hier nicht.

Österreich hat plötzlich die besseren Wirtschaftsdaten als das gelobte Deutschland. Ist der Stolz gerechtfertigt?
Pischetsrieder: Böse Zungen in Deutschland sagen, die Österreicher hätten die besseren Karten, weil sie den schnelleren Weg nach Osten hätten und mehr Geld von der EU bekämen. Das ist Unsinn. Noch mehr Förderung als unsere neuen Bundesländer bekommen haben, hat in der Menschheitsgeschichte niemand bekommen. Der Unterschied zwischen den beiden Ländern liegt in der Art und Weise, wie Menschen den Herausforderungen des Lebens begegnen. Die Winzer hier sind ein typisches Beispiel dafür, wie man aus einer Tradition was richtig Großes machen kann. Das liegt nicht nur am Geld, das liegt auch am Willen. Das funktioniert in einem Umfeld, wo eine Aufbruchstimmung da ist, natürlich besser. Wo einem Freunde, Bekannte und Kunden, natürlich auch Bankiers sagen: Das schaffen wir.

Und was hätten die Deutschen gesagt?
Pischetsrieder: Könnte doch auch schief gehen, lassen wir es lieber mal bleiben. Der Pioniergeist ist verloren gegangen. Es gibt eine Sehnsucht, möglichst viel zu bewahren. Es gibt eines schönen Spruch von Saint Exupery: "Traditionen bewahren, heißt nicht, die Asche aufbewahren, sondern das Feuer am Leben zu halten". Wir in Deutschland bewahren manchmal die Asche.