Nun kommt das böse Erwachen. Im Monat eins nach der Abwrackprämie sind die Zahlen vom deutschen Automarkt noch gut, aber die Stimmung bei manchen Händlern ist schon schlecht. Der Verkauf bröckelt allmählich ab. Zwei Millionen Käufer haben in diesem Jahr die 2.500 Euro vom Staat beim Neuwagenkauf mitgenommen. Jetzt brauchen sie erst mal viele Jahre lang kein neues Auto mehr. "Es wird ein tiefes Loch geben", sagt Auto-Experte Christoph Stürmer. Die guten Neuzulassungszahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass schwere Zeiten vor der Branche liegen.

Denn die Statistik hinkt hinterher. Selbst nach dem Ende der Prämie geht die Abwrackparty weiter, bis zu 15.000 Nachrücker haben noch eine Chance auf das Geld. Auch danach werden mehr Autos verkauft werden als vor einem Jahr, weil Bestellung nicht gleich Zulassung ist. Es dauert einige Zeit, bis die Zahlen den Trend zeigen werden. 2009 könnte mit 3,5 bis 3,8 Millionen Neuzulassungen das beste Ergebnis seit zehn Jahren werden - doch 2010 werden bis zu eine Million Verkäufe fehlen. "Der Absatz geht auf Talfahrt, aber noch realisiert man das nicht", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.

Branche ächtzt unter Überkapazität

Wer soll die vielen neuen Autos kaufen? Seit Jahren ächzt die Branche unter Überkapazitäten. Von 1.000 Bundesbürgern haben 556 einen Wagen, der Markt gilt als gesättigt. Auch wenn Autos heute im Schnitt 8,1 Jahre alt sind, halten sie länger als früher und werden in Zeiten der Wirtschaftsflaute länger gefahren. Zukunftsweisende Modelle mit neuen Antriebsarten wie Elektroautos sind von der Serienreife noch Jahre entfernt - das hat die Industrie auf der gerade zu Ende gegangenen Automesse IAA selbst zugegeben.

In der Branche wird viel diskutiert, wann das Ende der Abwrackprämie auf den Markt durchschlägt. Bereits im November dürfte es bergab gehen, sagen Pessimisten. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass Minuszahlen zum Vorjahr zu erwarten sind, wie Experte Stürmer betont: "Der Markt brach Ende 2008 zusammen. Das war so katastrophal, dass jetzt jede Zahl im Vergleich dazu positiv sein wird."

Optimisten sagen, dass der Verkauf erst 2010 sinken werde und dann weniger stark als befürchtet. So könnte die höhere Nachfrage von Firmenkunden die Rückgänge bei privaten Käufern ausgleichen, meint etwa Autoexperte Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft (IFA) in Geislingen.

Vielleicht ist die Branche aber auch einfach nur verwöhnt. "Es ist eine ganz normale Entwicklung, dass nach dem Hoch der Umweltprämie die Rückkehr zum Normalmarkt kommt", sagt Ulrich Köster vom Zentralverband des Deutschen Kfz-Gewerbes (ZDK) in Bonn. Der Verband hält die für 2010 prognostizierten 3 Millionen Neuzulassungen für einen "normalen" Wert in Deutschland. Spekulationen auf ein großes Händlersterben weist der ZDK zurück und spricht lieber von Betriebsschließungen: "Es wird eine Konsolidierung des Marktes geben." Stürmer sieht die Gefahr des Händlersterbens hingegen nicht für gebannt: "Der Neuwagen-Verkauf ist ein Null-Margen-Geschäft."

Der Automarkt wird also ordentlich durchgerüttelt werden. "Das Bild wird sich drehen: Die bisherigen Gewinner werden 2010 die Verlierer sein", sagt Diez. Hersteller von kleinen sparsamen Autos, die von der Prämie besonders profitiert hatten, bekämen künftig Schwierigkeiten. Die großen deutschen Premiumhersteller wie BMW, Audi und Mercedes könnten dagegen aufholen. Mit Rabatten werden die Hersteller wohl den Absatz ankurbeln. Dudenhöffer sagt für das kommende Frühjahr eine Rabattschlacht voraus - bisher gehen die Preisnachlässe zurück, weil die Bücher voll und ihre Budgets wegen vorangegangener Rabatte ausgeschöpft sind.

Hoffnung setzt die Industrie auf den Export. Die Weltkonjunktur erholt sich Schritt für Schritt. "Die deutschen Hersteller partizipieren aufgrund ihrer globalen Präsenz sehr früh daran", sagt Autoverbands-Präsident Matthias Wissmann. Vor allem die USA und China, aber auch die europäischen Nachbarländer, die wie Frankreich und Großbritannien die Prämie verlängert haben, sollen künftig wieder Wachstum bringen.