Nicht nur am Grab wird bisweilen gelogen, dass sich die Balken biegen. Auch bei anderen Abschieden nimmt man es mit der Wahrheit oft nicht so genau. Wie am Donnerstag. Nach dem Aus für Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff dazu aufgerufen, "nach vorne zu schauen".

Wiedeking habe bei dem Versuch, Volkswagen zu übernehmen, "die richtige industrielle Logik erkannt", erklärte Wulff, insofern könne er sich auch als Vater des künftigen integrierten Automobilkonzerns von Porsche und VW sehen. Das ist eine sehr "elastische" Auslegung der milliardenschweren Schlacht, mit der Wiedeking exakt das Gegenteil erreichen wollte. Wiedeking wollte VW unter Porsche ansiedeln, jetzt wird die Sportwagenschmiede neben Seat, Audi, Bugatti etc. die Nummer 10 unter dem Dach von Volkswagen.

Fürstliches Salär

Es wird für Wiedeking trotz allem ein Abschied mit Ehren - und äußerst wohlgefüllter Brieftasche. Neben den versöhnlichen Worten bekommt der passionierte Zigarrenraucher noch 50 Millionen Euro mit auf den Weg, von denen er die Hälfte einer sozialen Stiftung zukommen lassen will. Weitere 1,5 Millionen gibt es, konnte sich Wiedeking einen humorigen Seitenhieb nicht sparen, für "notleidende Journalisten im Alter". Ursprünglich war für Wiedeking mit einer Abfindung zwischen 100 und 250 Millionen Euro spekuliert worden, gestern hat er bei 50 Millionen Euro eingeschlagen. Sein Stellvertreter Holger Härter hat laut Porsche "dem Ausgleich von 12,5 Millionen Euro" zugestimmt.

Die in der deutschen Wirtschaftsgeschichte beispiellose Abfindung von 50 Millionen Euro sorgt hierzulande für ungläubiges Erstaunen, ein Platz im Olymp der Großverdiener ist Wiedeking damit aber nicht sicher.

Dreistellige Millionen-Abfindungspakte

Denn hier machen die USA als Land der unbegrenzten Möglichkeiten dieser Zuschreibung alle Ehre. Dreistellige Millionen-Abfindungspakte, die sich aus Barzahlungen, Aktien-Optionen und Pensionsansprüchen zusammensetzen, sind keine Seltenheit. Sorgen aber immer wieder für harsche Kritik, vor allem dann, wenn es sich um ein unfreiwilliges Ausscheiden handelt. "Eine Belohnung für das Versagen", hieß es etwa von aufgebrachten Aktionären als sich die US-Baumarktkette Home Depot für umgerechnet 147,5 Millionen Euro ihres Vorstandschefs Robert Nardelli entledigte. Nardelli wurde später Chef des mittlerweile insolventen US-Autobauers Chrysler.

Trotz eines massiven Einbruchs des Aktienkurses wurde Hank McKinnell - gleichsam unbeliebt bei Aktionären und Analysten - Anfang 2007 als Chef des Pharmariesen und Viagra-Herstellers Pfizer mit einem Abschiedspaket im Wert von 150 Millionen Euro bedacht. Als "unmoralisch" wurde nicht nur in den USA auch die Abfindung von Stan O'Neal, Boss der Investmentbank Merrill Lynch, eingestuft.

Sein Haus war durch die Subprime-Kreditkrise ins Schleudern geraten, er musste gehen, durfte aber trotzdem mehr als 112 Millionen Euro mit nach Hause nehmen. Mit nicht ganz so üppigen 25 Millionen Euro wurde in dieser Zeit auch Charles Prince von der Spitze der Citigroup entfernt. Die höchste Abfindung aller Zeiten gab es mit umgerechnet rund 250 Millionen Euro für Lee Raymond, der insgesamt zwölf Jahre dem größten Ölkonzern der Welt, Exxon Mobil vorstand.