Herr Spatzierer, Sie leiten seit 2004 die Abteilung Meteorologie bei UBIMET Gruppe und haben täglich mit dem Wetter zu tun. Welche Auswirkungen hat der Klimawandel Ihrer Meinung nach auf die Wirtschaft?
80 Prozent der Weltwirtschaft hängen direkt oder indirekt vom Wetter ab, und die restlichen 20 Prozent von den vorher erwähnten 80 Prozent. Da das Klima eine Abfolge von Wetterlagen ist, die über einen längeren Zeitraum ermittelt und dargestellt werden, werden wir auch den Wandel über einen längeren Zeitraum und über alle Bereiche der Wirtschaft hinweg spüren. Ein Beispiel wäre die Energieversorgung. Der Energiebedarf der Betriebe steigt und die Notwendigkeit des Ausstieges aus fossilen Rohstoffen wird uns heute stärker denn je vor Augen geführt. Alternative Stromproduktion aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft ist immanent vom Wetter abhängig, was die Produktion und den Bedarf angeht. Nehmen im Zuge des Klimawandels Hitze und Trockenperioden zu, und davon müssen wir ausgehen, so kann es sein, dass wir in Speicher- und Laufkraftwerken möglicherweise öfter auf Produktionsprobleme stoßen. Gleichzeitig nimmt der Verbrauch durch Einsatz von Kühlgeräten zu, und auch der Wind hilft uns im Sommer eher wenig. Daraus ergibt sich eine Betroffenheit des gesamten industriellen Produktionssektors.
Wie können Unternehmen mit den Folgen des Klimawandels umgehen und welche Lösungsvorschläge gibt es?
Die Herausforderung ist zu groß, als dass sich ein Betrieb allein gegen alle potentiellen Probleme wappnen kann. In großem Maß ist die Politik, die Bundesregierung und die EU gefordert, visionär mit dem Thema umzugehen und Rahmenbedingungen für die Absicherung der Primärversorgung zu schaffen. Aber auch auf Betriebsebene kann man in vielen Bereichen Nachhaltigkeits- und Absicherungsschritte setzen, etwa durch Investitionen in Solar- und Kleinwindkraftanlagen, in einen elektrischen Fuhrpark oder energieeffizientere Produktionsprozesse. Hier können wir das Beispiel des Wintertourismus' heranziehen, der einem starken Wandel unterworfen sein wird, da viele Skigebiete im Winter keinen Schnee mehr haben werden.
Was kommt in den nächsten Jahren in Bezug auf das sich verändernde Klima auf uns und die Wirtschaft zu?
Landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Betriebe müssen sich darauf einstellen, dass manche Güter wegen Wassermangel oder zu hohen Temperaturen im Sommer bei uns nicht mehr sinnvoll produziert werden können. Dafür können aber andere Produkte hergestellt werden, die es derzeit beispielsweise nur im mediterranen Raum gibt. Das Stichwort zur Abfederung ist also auch hier die Abkehr von alt Bewährtem. Durch die Bank wird die Mobilität und Logistik vor großen Herausforderungen stehen, das Stichwort ist hier die Zuwendung zu derzeit noch alternativen Treibstoffen wie Biogas, Biodiesel oder Wasserstoff.
Wie können Betriebe sich vorbereiten?
Die stärkste Abhängigkeit der Betriebe ergibt sich vermutlich aus der Energieversorgung. Jedes Unternehmen, das die Möglichkeit und die Mittel hat, ein „Prosumer“ zu werden, das heißt einen Teil der benötigten Energie selbst zu produzieren, zu speichern und mit dem freien Markt auszutauschen, wird einen Vorteil haben. In der Produktion muss man jetzt schon die Frage beantworten, was der Markt in zehn oder 20 Jahren konsumieren und benötigen wird. Werden es Gasthermen sein oder solare Warmwasseranlagen? Werden es Diesel- oder Hybrid-PKW sein?
Gibt es regionale Unterschiede in Österreich in Verbindung mit dem Klimawandel?
Vermutlich spielt sich der Klimawandel in den verschiedenen Klimazonen Österreichs auch unterschiedlich ab. Kärnten und die Steiermark sind schon jetzt stärker vom illyrischen und mediterranen Klima mit heißen Sommern und längeren Trockenperioden geprägt als andere Teile Österreichs. Dementsprechend werden wir die Häufigkeit der dafür typischen Wetterlagen auch im Süden Österreichs mehr spüren als zum Beispiel in Oberösterreich und Salzburg. Sprich, hier braucht es mehr Investitionen in Technologien, um sich gegen hohe Temperaturen und damit eingehend verminderter Verfügbarkeit von Wasser zu wappnen.
Gibt es bestimmte Wirtschaftssparten, die besonders unter dem Klimawandel leiden oder leiden werden?
Keine Sparte wird ausgenommen, aber am direktesten werden Energiewirtschaft, Logistik, Landwirtschaft, Tourismus sowie Betriebe mit hoher Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen in der Produktionskette betroffen sein. Man kann sich aber leicht vorstellen, wie etwa der gesamte Versicherungs- und Finanzsektor mit betroffen ist. Am Ende des Tages braucht es den branchenübergreifenden Schulterschluss aller Sparten, um die Herausforderungen zu bewältigen.
Erstellt in Kooperation mit der UBIMET Gruppe.