Schön langsam wird meine ehemalige Heimat zum „Wilden Südosten“. Zuerst die „Jungen wilden Gemüsebauern“. Und jetzt auch ihr beide als die „Wilden Schwestern“. Was macht die Region denn so „wild“?
Uns haben es die wilden Kräuter angetan. Es fasziniert uns, wie wundervoll die wild wachsende Pflanzenwelt ist, ohne dass wir Menschen etwas dazu beitragen. Mit dem Begriff „wild“ meinen wir „frei, natürlich, ungezwungen“. Diese Qualitäten möchten wir in unseren Workshops und auch in unseren Produkten weitergeben.

© Markus Petz

Ihr verfolgt eure drei Leidenschaften Gastronomie, Landwirtschaft und Kräuterpädagogik: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, das zu verbinden. Wie hat sich das entwickelt?
Wir sind zwei Schwestern, die wohlbehütet am Bauernhof aufgewachsen sind. Schon immer hat uns das Kräuterwissen unserer Großeltern fasziniert. Wir waren bei jeder Arbeit dabei und kannten die besonderen Platzerln unserer Pflanzen. Nach der Matura wollten wir die Arbeitswelt kennenlernen und es hat uns erstmal beide in größere Städte verschlagen, bis wir schließlich 2017 die elterlichen Betriebe im Duo übernommen haben. Wenn man einmal weg war, dann schätzt man die Heimat umso mehr. Für uns war klar, dass wir das Handwerk unserer Vorfahren weiterleben möchten. Elisabeth hat die Gastronomie-Konzessionsprüfung absolviert, und Roswitha hat die Ausbildung zur Land- und Forstwirtin und Kräuterpädagogin absolviert. Aus- und Weiterbildung sind für uns das Fundament eines guten Handwerks.Eure Themen sind Regionalität, Nachhaltigkeit und Natur. Findet ihr, dass das in der Region auch gelebt wird? Oder gibt es da noch Luft nach oben?
Wir sind der Meinung, dass jeder seinen eigenen Beitrag dazu leisten kann und soll. Jeder einzelne von uns entscheidet, wie er sein Leben gestalten möchte. Wir kaufen bei kleinen, regionalen Betrieben ein, engagieren heimische Handwerksbetriebe für unsere Vorhaben und vermeiden unnötigen Müll. Hier zu leben ist das größte Geschenk für uns. Unsere Natur ehren wir, und das macht uns unglaublich glücklich und bereichert unser Leben enorm. Wenn wir das unseren Kindern mitgeben können, haben wir den Grundstein für eine lebenswerte Zukunft gelegt.

© Markus Petz

Ihr kreiert auch Aufstriche, Säfte, Sirupe, Edelbrände, Liköre, Essige, Öle, steirisches Kürbiskernöl, Marmeladen, Chutneys und Kräuter-, Blüten- und auch Obstspezialitäten. Wie schafft ihr es, neben all den anderen Aktivitäten auch diese Produktionen unterzubringen?
Ja, es wird uns nicht langweilig. An den Vormittagen sind wir in der Produktion und am Nachmittag verwöhnen wir die Gäste mit unseren hausgemachten Köstlichkeiten. Bei uns gibt es große Vielfalt in kleinen Mengen. Unsere Mama unterstützt uns in der Produktion und kocht täglich frisch für unseren Mehrgenerationenhaushalt. Schließlich leben und wirken bereits acht Familienmitglieder am Hof. Und sie sagt, sie macht das gerne. Unser Papa kümmert sich um die Felder, den Wald und die Wirtschaft. Tja, gemeinsam ist vieles möglich. „Tue zuerst das Notwendige, dann das Mögliche und plötzlich schaffst du das Unmögliche.“Wie viele Mitarbeiter/-innen habt ihr denn im Team?
Wir haben derzeit vier Mitarbeiterinnen. In den Sommerferien hat sich zusätzlich auch erstmals ein mutiger junger Mann hinter die Bar getraut. Er war unser erster männlicher Barkeeper und wurde ganz schön gefordert von unserer Mädelstruppe. Außerdem sind wir sehr froh, eine überaus motivierte Ferialpraktikantin über die Sommermonate bei uns im Betrieb gehabt zu haben. Es gibt immer genug zu tun, trotzdem darf ein „After-Work-Drink“ mit unseren fleißigen Mitarbeiterinnen am Ende des Tages nicht fehlen. Wir sind sehr dankbar für unser tolles Team.

Ihr gebt auch Workshops, bei dem uraltes Kräuterwissen weitergegeben wird. Auf welche Kräuter kann man denn jetzt beim Herbstbeginn setzen?
Das Schöne an den Wildkräutern ist: Sie sind immer da. Solange sie nicht unter einer dicken Schneedecke liegen, kann man sie ernten. Welche Kräuter immer mit dabei sind, sind Brennnessel, Gundermann und Schafgarbe. Diese aromatische Kombi findet man in unseren Brotaufstrichen, Suppen, Salaten und Gewürzmischungen immer wieder. Im Herbst geht es vor allem um das Ernten der Früchte, wir verarbeiten die getrockneten Kräuter, die in den heißen Sommerwochen geerntet wurden, und es beginnt die Wurzelzeit. In dieser Zeit entstehen bei uns viele Liköre und Ansätze, es wird eingekocht und eingelagert.

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Emotion ist ein wichtiger Bestandteil aller kulinarischen Erfahrungen. Wie schafft ihr es zu berühren?
Wir sind sehr emotionale Menschen. Bei unseren Workshops und auch in unserem Genusslokal „Gleichenberger Kellerstüberl“ merken wir immer wieder, dass der „Funke“ überspringt. Unsere Kunden spüren und schätzen unsere Begeisterung und die Leidenschaft für unsere Arbeit. Immer wieder hören wir: „Es ist so schön bei euch. Man merkt, ihr seid mit vollem Herzblut dabei.“ Und so ist es auch.