Der Titel dieser Veranstaltung der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten war Programm: „Mission Possible: Zukunftsfähige Gemeinden“ – Innenentwicklung als Schlüssel. Man kann den Niedergang der Ortszentren bedauern, besser ist es, etwas dagegen zu tun. Und das geschieht bereits, wie bei dieser Veranstaltung im Styria Media Center deutlich wurde.
Gustav Spener, Präsident der ZT-Kammer, betonte in seinen Begrüßungsworten die Relevanz des Themas Innenentwicklung. Er bezeichnet es als das derzeit brennendste Thema in der Baukultur. Nur was versteht man unter Innenentwicklung und warum braucht man sie? Einen Überblick über die Ist-Situation gab Klaus Richter, Architekt und Vorsitzender im Ausschuss Raumordnung und Baukultur.
„Grundsätzlich gäbe es die Vorgabe in der Raumplanung, von innen nach außen zu bauen. Es wurde aber ein Vakuum erzeugt und das Leben an die Peripherie geschoben“, erklärt er. „Diese Außenentwicklung ist aber an ihre Grenzen gelangt und verursacht den Gemeinden hohe Kosten.“
Verdichten allein ist nicht die Lösung, betont er. Es muss der ganze Raum gesamtheitlich gedacht werden, um hochwertige Lebensräume entstehen zu lassen. Die Innenentwicklung dient hier als Richtschnur für die Gemeinden. Dass sie noch viel mehr sein kann, erläuterte Gernot Kupfer, Architekt und Vorsitzender im Ressort Zukunft Lebensraum.
Er definiert die Innenentwicklung als die Gesamtheit aller Maßnahmen der Kommunen innerhalb klar definierter Siedlungsgrenzen. „Als solche ist Innenentwicklung Attraktivitätspolitik für die Bevölkerung, sorgt für die demokratische Aufteilung des öffentlichen Raumes sowie die optimale Nutzung der Brachflächen und der vorhandenen Infrastruktur.“
Alle gemeinsam
Wie soll das funktionieren und wer macht es? Die Antwort darauf gab Christine Schwaberger, stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss Raumordnung und Baukultur. Sie beschreibt die integrative Organisationsstruktur aus Gemeindevertretung, interdisziplinären Experten, Landesdienststellen sowie Bevölkerung als „Allianz der Willigen“.
Die erste Maßnahme der Innenentwicklung ist immer die Festlegung der Ziele und Visionen, betonte Markus Frewein in seinem Vortrag. „Wie soll die Zukunft sein? Dabei die Betrachtungszeiträume verlängern, also in Generationen denken. Dann gemeinsam das Konzept umsetzen, Unterstützung zulassen, konsequent dranbleiben und ans Konzept halten wie bei einem Kochrezept.“ Der Verkehrsplaner plädiert dafür, Bürgerinnen und Bürgern etwas zuzutrauen und sie aktiv in die Verantwortung zu nehmen und er betont: „Die logische Mobilität in einem gut entwickelten Quartier ist die aktive Mobilität.“
Architekt Ernst Rainer vom Büro für Resiliente Raumentwicklung sieht die Gemeindepolitik in einer neuen Rolle als Vermittler in ökologischen, ökonomischen, technischen und sozialen Fragestellungen der Innenentwicklung. „Die Gemeinden müssen dabei aber strategisch und finanziell unterstützt werden. Es braucht den Brückenschlag zwischen Landes- und Bundesverwaltung für Förderungen und deren Umsetzung“, betont er.
„Wir arbeiten gerade an Zusammenarbeit zwischen Gemeinden, Land und Bund. Ziel ist ein Erfahrungsaustausch mit Evaluierungen von Innenentwicklungs-Projekten.“
Best Practice
Wie sieht es in der Praxis aus? Da gab Mario Snobe, Amtsleiter der Gemeinde Griffen, ein Beispiel von Innenentwicklung, als diese noch gar nicht so bezeichnet wurde. Er erzählte von den Anfängen vor 30 Jahren, die mit dem Ankauf des Griffener Burgberges für Naherholungs- und Veranstaltungszwecke begann.
Es folgte ein echtes Gemeindezentrum mit Marktplatz und der Schaffung eines neuen Kirchplatzes wo man sich nicht scheute, auch zwei Häuser abzureißen, um Raum für alle zu schaffen.
Von Anfang an wurde viel auf Bürgerbeteiligung gesetzt und verschiedenste Expertisen eingeholt. Sehr stark auf Bürgerbeteiligung haben auch Günter Reichhold und Patrick Pichler gesetzt. Der Bürgermeister von Zeltweg und sein Bauamtsleiter erzählen vom Bildungscampus, quasi dem Startschuss der Innenentwicklung in ihrer Stadt. Für diesen wurden Volksschule, Mittelschule und die Stadtbibliothek als Verbindungselement zu einer architektonischen Einheit verschmolzen.
Gemeinsam mit der Bevölkerung wurde der Ortskern mit seinen Begegnungszonen definiert. Insgesamt 36 Maßnahmen stehen im Masterplan, einige konnten in der Zwischenzeit bereits umgesetzt werden. Sogar das Fußverkehrskonzept wird in den Überlegungen mitberücksichtigt. Ein besonders spektakuläres Stück Innenentwicklung stellte Guido Mosser, Leiter des Stadtplanungsamtes Villach, vor.
Hier entsteht auf mehr als zwei Hektar Fläche gleich ein ganzes Stadtviertel, das NikolaiQuartier. Im Rahmen eines sogenannten Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, kurz ISEK, gibt es hier Wohnbau, Gewerbe- und Geschäftsflächen, Arztpraxen, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen mit großzügigen Freiräumen und Grünflächen ohne zusätzliche Bodenversiegelung.
Nach diesen geballten Informationen ging es an die Podiumsdiskussion. Diese wurde bereichert von Elias Molitschnig, Leiter der Abteilung Architektur, Baukultur und Denkmalschutz des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst sowie von Harald Grießer, Leiter der Landes- und Regionalentwicklung des Landes Steiermark.
Molitschnig plädierte für ein neues integrales Planungsinstrument, welches eine neue Lesbarkeit unterschiedlicher Disziplinen ermöglicht. Dafür wird im Bundesministerium an einem Planungsbehelf für die Gemeinden gearbeitet, die ein „inhaltlicher Gamechanger“ werden soll.
Für Grießer ist es wichtig, wie mit der Landesinitiative „Starke Zentren“ lanciert, auch private Investoren mitzureißen und für diese Investitions- und Planungssicherheit zu gewährleisten. Am Podium ist man sich einig: es braucht einen ganzheitlichen Ansatz, die Bündelung sämtlicher Kräfte und den intelligenten Einsatz der Mittel für lebenswerte Zentren.