Man konnte mit Herbert regelrecht mitfühlen. Der Arme drehte Runde um Runde und wollte eigentlich nur sein Auto irgendwo parken, um zu seinem Schatz zu kommen. Aber es war einfach keine Lücke zu finden. Und je länger er herumkurvte, desto nervöser und verzweifelter wurde er. Hach, immer diese Parkplatzsuche, ein tagtägliches Ärgernis – kein Wunder, dass Sänger Herbert Grönemeyer diesen Umstand in einem Lied verarbeiten musste. Der Witz an der Sache: Der Song „Mambo“ ist schon 35 Jahre alt, und im Vergleich zu heute ging es damals ja noch verhältnismäßig luftig auf unseren Straßen zu.
Inzwischen hat sich die Lage dramatisch verschärft. Gratis-Stellflächen auf öffentlichen Straßen gelten allseits als Auslaufmodell, die Parkraumbewirtschaftung macht auch vor dünn besiedelten Randgegenden im Sinne der Verkehrsberuhigung keinen Halt und selbst Tiefgaragen und Parkhäuser platzen aus allen Nähten. Mit dramatischen Auswirkungen: Im Schnitt verbringt jeder deutsche Autofahrer 41 Stunden im Pkw auf Parkplatzsuche – pro Jahr. Die Briten kurven sogar 44 Stunden suchend durch die Gegend und getoppt werden diese Zahlen natürlich von den Amerikanern. Dort drehen die Autofahrer jährlich 107 Stunden ihre Runden – Tendenz steigend.
Was Herbert nicht ahnen konnte: Wenn die Technik in so großen Schritten voranschreitet, wie es derzeit aussieht, wird das Suchen nach einem freien Plätzchen leichter als je zuvor – und mehr noch: Bald wird man sich darum gar nicht mehr selbst kümmern müssen. Und den ersten Schritt dazu machte ausgerechnet derjenige, der sich normalerweise am meisten Zeit lässt: der Gesetzgeber.
Naheverhältnis. Seit diesem Jahr sind in Österreich nämlich Assistenzsysteme erlaubt, die selbstständig ein- und auch wieder ausparken, ohne dass der Lenker sich dafür im Auto befinden muss. Und nicht nur das: Die Novelle der Verordnung für automatisiertes Fahren genehmigt außerdem die Nutzung von Assistenten, die selbstständig die Spurhaltung übernehmen, und zwar ohne dass man alle zehn Sekunden das Lenkrad berühren muss. Das ist natürlich an diverse Auflagen geknüpft. Rangiert der Pkw von allein, darf der Fahrer währenddessen nicht einfach nach Hause gehen, sondern muss in Sichtweite so lange warten, bis sein Vehikel das Manöver beendet hat, um im Notfall eingreifen zu können. Doch bei all dem, was diese Technik zu bieten hat, wäre man ja dumm, wenn man nicht dabei zusehen würde.
Fakt ist: Auf dem Weg hinein und aus dem Abstellplatz werden unsere fahrbaren Untersätze als Erstes autonom unterwegs sein. Natürlich auchdeswegen, weil bei den höchstens 10 km/h am wenigsten passieren kann. Doch andererseits: Wenn man sich einmal selbst bei der Nase nimmt und sich über seine eigenen Einparkkünste Gedanken macht – ein wenig Hilfe von der Elektronik kann da wirklich nicht schaden. Und auf diesem Gebiet ist die Technik auch schon am weitesten. Seit 2006 gibt es zum Beispiel Einrichtungen, die die Lenkarbeit beim Rangieren übernehmen, sogar mit Anhänger.
BMW und Mercedes haben bereits Systeme im Programm, mit denen der Fahrer über das Smartphone oder den Autoschlüssel den Wagen von außen in die engsten Lücken bugsieren kann, teilweise sogar ums Eck. Losgehen könnte es schon demnächst, und was uns erwartet, ist durchaus faszinierend. Wichtig ist aber, dass nicht nur die Autos noch ein wenig intelligenter werden. Denn zwischen den wenigen Metern, die aktuelle Modelle schaffen, und dem wirklich selbstständigen Parkplatzsuchen liegen noch Welten.
„Wir rechnen damit zu Beginn des nächsten Jahrzehnts“, sagte Johann Jungwirth, Digitalchef des Volkswagen-Konzerns in einem Interview. Wie weit die Wolfsburger mit dieser Idee schon sind, zeigen sie gerade im Rahmen eines Forschungsprogramms auf dem Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel. Drei Autos, ein VW Passat, ein Audi A7 und ein Porsche Panamera fahren souverän hintereinander durch die Einfahrt. Die Besatzung hat schon vorher am Haupteingang des Flughafens die Innenräume verlassen, also macht sich das Trio nun vollautomatisch auf die Suche nach einer Stellmöglichkeit. Wobei: Gesucht muss gar nicht werden, denn es kommunizieren die Bordnetze mit dem Server des Parkhauses, um zielsicher zum Stellplatz zu gelangen. Möchte man wieder nach Hause fahren, genügt ein Befehl über die Smartphone-App, schon rollt das eigene Auto zum Ausgang und es kann gleich durchgestartet werden – denn die Gebühren werden natürlich automatisch über das Handy abgebucht.
Damit das funktioniert, muss erst einmal der Parkhausbetreiber ein wenig investieren – im Vergleich zu einem vollautomatischen System, das die Autos über Schienen und Schlitten in eine Art Regalsystem hievt, aber sehr überschaubare Summen. Zuerst muss eine vollständige digitale Karte des Gebäudes erstellt werden, damit die darin fahrenden Autos wissen, wo sie hinmüssen. Dann benötigt es Lasersensoren an allen wichtigen und gefährlichen Stellen für die Überwachung des autonomen Verkehrs – Kameras sind derzeit für diese Aufgabe mit dem Übertragen des Bildmaterials einfach noch zu langsam.
Und die Autos? Ja, da stecken Steuergeräte drinnen, die weit mehr können als derzeit erhältliche Konstruktionen. Sie müssen schließlich die hochauflösenden digitalen Karten der Parkhäuser und Tiefgaragen möglichst in Echtzeit lesen und interpretieren können. Um Fehler zu vermeiden, sichert man sich mit einem zweiten System ab: Spezielle Tafeln, die ungefähr einem QR-Code gleichen, kleben an allen Decken, Wänden, Mauern, Kurven, Unterführungen und Pfeilern, damit jedes selbstfahrende Fahrzeug in allen Situationen auf den Zentimeter genau weiß, wo es sich gerade befindet. Und schließlich findet es dank der Informationen des Parkhaus-Zentralrechners, die über WLAN gesendet werden, ans Ziel.Und genau hier liegt der Grund dafür, dass wir ganz streng genommen noch nicht von wirklich autonomem Fahren reden. Da man aber nicht hinterm Lenkrad sitzen muss, lassen wir das jetzt einmal so gelten. Und außerdem: „Durch diese Zusammenarbeit können wir das System deutlich schneller umsetzen, als wenn das Auto allein die gesamte Verantwortung tragen müsste“, sagt Gerhard Steiger, bei Bosch zuständig für autonomes Fahren. Und außerdem bietet die Zusammenarbeit von Immobilie und Mobilie auch noch zahlreiche Sicherheitsvorteile. Fußgänger können sicher und rechtzeitig erkannt und auch Zusammenstöße oder Parkrempler zwischen den Autos vermieden werden.
Natürlich könnte man sich auch fragen, warum Parkhausbetreiber in diese neue Technologie sechsstellige Summen investieren sollten – mehr werden die vorhandenen Parkplätze deswegen ja auch nicht. Oder doch? Nun ja: Da es keinen Freiraum zum Öffnen der Türen, Gehwege oder Aufzüge mehr benötigt, können die Flächen in den Parkhäusern wesentlich effektiver genutzt werden. Die Autos stehen deutlich enger beieinander, es passen also weit mehr Fahrzeuge auf die gleiche Grundfläche. Nach wenigen Jahren hätten sich die ausgegebenen Gelder also amortisiert.
Und wie nicht anders zu erwarten: Das Internet und die von den Usern produzierten Daten haben natürlich immer eine kommerzielle Schattenseite, die auch in diesem Bereich für Unternehmer unglaubliche Möglichkeiten bieten kann. Über eine Smartphone-App können die Parkplätze vorab ja schon gegen Gebühr reserviert werden. Außerdem können Plug-in-Hybride oder Elektroautos mithilfe eines Laderoboters (wie ihn etwa die TU Graz bereits entwickelt hat) oder sogar schon mittels induktivem Laden zuerst gegen Gebühr ihre Akkus befüllen, ehe sie weiter in ihre Parkbucht rollen.
Eine Wäsche inklusive Lackversiegelung gefällig? Klar, wieso nicht? Wäre genauso machbar wie ein Shoppingdienst in Zusammenarbeit mit Supermärkten. Alles, was man (natürlich auch über eine App) an Lebensmitteln bestellt, wird gleich direkt im Kofferraum gebunkert. Schließlich weiß die Technik ja genau, wo das Auto des Kunden parkt, und kann zum richtigen Zeitpunkt die Heckklappe aufsperren. Wenn man es also clever anstellt, spart man sich nicht nur die Zeit für eine Parkplatzsuche, sondern auch noch die für den Wocheneinkauf.
So toll das auch alles klingt – nicht alle von Herberts Problemen kann man damit in den Griff bekommen.