Mit starkem Offensivspiel, das beim 7:1-Sieg im Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien seinen Höhepunkt fand, krönte sich Deutschland vor zwei Jahren zum Fußball-Weltmeister. Nun greift die Mannschaft von Trainer Joachim Löw in Frankreich nach dem Gewinn der Europameisterschaft. Der EM-Titel ist auch das erklärte Ziel der DFB-Auswahl, nicht umsonst hat Erfolgstrainer Löw seinen Vertrag bis zum Sommer 2018 verlängert. Der 56-Jährige sah seine Mission mit Müller und Co. nach dem vierten WM-Titel noch nicht als erfüllt an. Zudem könnte man es Titelverteidiger Spanien gleich tun, der nach dem WM-Sieg 2010 auch bei der EM 2012 den Pokal in die Höhe strecken durfte.

In der Vorbereitung für das Turnier in Frankreich zeigte sich die deutsche Elf allerdings noch nicht gänzlich EM-reif. Zunächst setzte es im Test gegen die Slowakei eine 1:3-Niederlage, ehe es gegen Österreichs Gruppengegner Ungarn einen 2:0-Erfolg zu bejubeln gab. Die Konstanz ist überhaupt das größte Problem, mit dem Deutschland momentan noch zu kämpfen hat. Denn mit Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker verabschiedeten sich nach der WM drei langjährige Leistungsträger vom Nationalteam, zudem plagen den etatmäßigen Kapitän Bastian Schweinsteiger seit über einem halben Jahr hartnäckige Verletzungsprobleme. Der Manchester-Legionär reist ohne Spielpraxis zur EM. Daher will Löw seinen Leader auch schützen: "Schweinsteiger soll in kein Loch fallen. Wir werden schauen, wie er sich entwickelt."

Entwickeln soll sich jedenfalls auch die junge Garde, auf die der Teamchef immer stärker setzen will. Das bewies Löw mit der Nominierung seines Kaders, in dem sich etwa Schalke-Youngster Leroy Sane oder Bayerns Joshua Kimmich wiederfinden. Dafür verzichtete Löw überraschend auf Dortmund-Star Marco Reus. "Er hat massive gesundheitliche Probleme", nannte Löw Gründe für die Nicht-Berücksichtigung, "wobei mir menschlich gesehen die Entscheidung gegen den Spieler sehr weh tut".

Richten soll es in Frankreich einmal mehr der routinierte  Stamm der Mannschaft rund um Bayern-Goalie Manuel Neuer, das Abwehr-Bollwerk Hummels/Boateng, die Offensiv-Zangler Toni Kroos (Real Madrid) und Mesut Özil sowie an vorderster Front Thomas Müller. Sollten genannte Spieler ihr volles Leistungspotenzial abrufen, so dürfte die Gruppe C mit Polen, Nordirland und der Ukraine keinen Stolperstein darstellen und Deutschland einmal mehr zum engsten Favoritenkreis zählen. Es wäre der vierte EM-Titel für den DFB, der letzte Triumph liegt mittlerweile bereits 20 Jahre zurück.

UWE BLÜMEL