Im Rennen um die Palme ist er zwar nicht, weil "Atmen" in der Nebenreihe "Quinzaine des réalisateurs" läuft. Aber womöglich zeichnet sich hier die Caméra d'Or ab, also die Goldene Kamera für das beste Erstlingswerk: Mit viel Applaus wurde nämlich das Regiedebüt von Karl Markovics bedacht. Ein beachtlicher, warmherziger Einstand.

"Nach diesen Reaktionen fällt schon ein Druck ab", gesteht der 47-Jährige, "denn es hätte ja auch sein können, dass ich betriebsblind geworden bin und meine Geschichte ganz anders wahrgenommen wird. Aber Risiko war schon immer Teil meiner Arbeit, so sehr ich im Privatleben auch die Sicherheit suche."

Das Regieführen solle künftig das Zentrum seiner Arbeit sein, wie Markovics der Kleinen Zeitung verriet, "vor der Kamera will ich nur noch hin und wieder stehen". Wie gleich nach Cannes, denn er ist als SS-Hauptsturmführer in einem holländischen Weltkriegsdrama engagiert.

Für "Atmen", bei uns im September in den Kinos, schrieb Markovics selbst das Drehbuch. Das Drama handelt von der Identitätsfindung des 19-jährigen Roman, der von seiner Mutter als Kind fast erstickt wurde und seither traumatisiert ist. Im Rahmen eines Resozialisierungsprogramms arbeitet er nun bei der Bestattung Wien und lernt langsam, so paradox es auch klingen mag, wieder frei zu atmen, mit der Vergangenheit Frieden zu schließen, ja zu leben.

"Es ist aber keine eigene Aufarbeitung, ich bin kein Heimkind und hatte eine liebevolle Mutter", schmunzelt Markovics, "ich kann die innere Isolation jedoch gut nachempfinden. Ich tat mir als Jugendlicher auch schwer, Beziehungen aufzubauen. Ich war also in einer Art Gefängnis."

Wiener Slang

Bis auf Georg Friedrich und Gerhard Liebmann drehte Markovics fast nur mit Leinwandneulingen. Thomas Schubert, der als Roman einen großartigen Eindruck hinterlässt, wurde auf der Straße gecastet und hatte 200 Mitkandidaten. "Ich habe vorher nicht einmal Schultheater gespielt", erzählt der Gymnasiast aus Wien, "aber Karl hat mir vertraut."

Für Deutschland wird der Film übrigens nachsynchronisiert, weil der Wiener Slang dort schwer verständlich wäre. Für die internationale Presse gab's ja Untertitel und die Journalisten lobten Markovics bei der Pressekonferenz, dass "so wenig ausgesprochen und gleichzeitig doch so viel gesagt wird". Markovics, glücklich angesichts der Komplimente: "Ich empfinde ein großes Ja!" Und atmete durch.