Anwar Congo ist ein Massenmörder, Gangsterfilm-Fan und respektierter Bürger Indonesiens. Er spricht freimütig darüber, wie er bei der Hexenjagd auf Kommunisten 1965 und 1966 gefoltert und gemordet hat. In "The Act of Killing" zeigt er vor der Kamera bereitwillig, wie er das getan hat. Ab Freitag im Kino.

Mit einer Drahtschlinge kriecht Anwar unter einen Tisch, ein Freund mimt das Opfer, das darauf festgeschnallt ist. Der Kopf ragt über die Tischkante, mit dem Gesicht nach oben. Das mit der Drahtschlinge - alles aus Gangsterfilmen, sagt Congo. Plötzlich ertönt der Ruf zum Gebet von der nahen Moschee. "Gebetszeit", ruft Congo und bricht die Demonstration ab. Anstand muss sein.

Mord und Anstand, Moral und Gewalt - Regisseur Joshua Oppenheimer zeigt mit dieser ungewöhnlichen Dokumentation, dass nichts schwarz und weiß ist und menschliche Abgründe erschreckend präsent sind, bis heute.

Täter von damals

Oppenheimer hat Täter von damals in Medan auf der Insel Sumatra aufgespürt. Die Männer sind nie zur Rechenschaft gezogen, das Kapitel der indonesischen Geschichte ist nie aufgearbeitet worden. Kein Denkmal für die Opfer, keine Versöhnungskommission. Diktator Suharto, der sich an die Macht putschte und bis 1998 im Amt war, erschuf den Mythos, dass die Kommunisten um der nationalen Einheit willen sterben mussten. Die Täter von damals werden als Gründer der paramilitärischen Pancasila-Jugend bis heute als Helden gefeiert.

Congo und Kollegen sind begeistert von Oppenheimers Vorschlag, ihre Verbrechen filmisch in Szene zu setzen. Mal spielen sie sich selbst, mal ihre damaligen Opfer. Doch dann passiert etwas: "Die Inszenierung der Realität ist wirklicher geworden, als es die Taten für die Männer je waren", sagt Oppenheimer. Die Männer grübeln.

In einer Szene zeigen die Männer im Cowboy-Outfit ihre beliebtesten Foltermethoden und protzen: "Wir waren sadistischer als alles, was man in Nazifilmen sehen kann." In der nächsten räumt Congo in der Drehpause plötzlich Albträume ein. "Bis heute verfolgen mich die Augen der Opfer, die ich nach den Morden nicht geschlossen habe."

Congo wird immer nachdenklicher. Als er sich bereits gedrehte Szenen anschaut, in denen er ein Opfer spielt, sagt er berührt: "Jetzt kann ich fühlen, was die, die ich gefoltert habe, empfunden haben." Dann kommen ihm die Tränen. Am Ende zeigt Congo die Terrasse, auf der er viele Opfer umbrachte. Und plötzlich muss er sich übergeben, und würgt und würgt - doch nichts kommt heraus.