Die Zeit, in der Schauspieler jenseits der 50 allenfalls in Nebenrollen auf der großen Leinwand zu sehen waren, scheint langsam vorüber: Nach Erfolgswerken wie "Best Exotic Marigold Hotel" legt nun Hollywoodikone Dustin Hoffman im zarten Alter von 75 Jahren mit der charmanten Künstlerkomödie "Quartett" sein Regiedebüt vor. Eine sentimentale, jedoch völlig unkitschige Geschichte aus einem Seniorenheim für alternde Musiker, deren Wille zur Kreativität auch abseits einstiger Höchstleistungen schlicht bezaubernd ist. Ab Freitag in den heimischen Kinos.

Als Spielort wählt Hoffman Beecham House, eine durchaus wohlbestallte Seniorenresidenz für betagte Opernsänger und Musiker. Bereits seit längerem leben der ruhige Reggie (Tom Courtenay), der Frauenheld Wilf (Billy Connolly) und die liebenswerte, bereits unter Demenz leidende Cissy (Pauline Collins) in der Villa. Sie waren einst mit dem legendären Quartett aus Giuseppe Verdis "Rigoletto" erfolgreich und genießen ihren Lebensabend ungeachtet aller Probleme des Alters - bis Jean Horton (Maggie Smith) einzieht, das einst vierte Mitglied der Truppe und Reggies Exfrau. Die Diva tut sich schwer damit, sich in den Seniorenalltag zu integrieren. Auch will sie keinesfalls bei der alljährlichen Verdi-Gala mitsingen, die der Einrichtung jedoch die überlebensnotwendigen Sponsorengelder beschert. Schließlich sind zwischen Reggie und ihr noch einige Wunden nicht verheilt.

Somit ist "Quartett" letztlich kein "Alten-Film", sondern ein Werk, das von Enttäuschungen, Freundschaften, Leidenschaft zur Musik und der Kraft der Kreativität handelt. Zugleich klammert Hoffman die Alterserscheinungen wie Demenz oder Einsamkeit nicht aus, fällt nicht auf den Mythos von Altersweisheit oder Altersmilde herein. Sein Blick lässt dabei selten ein Augenzwinkern vermissen, ist bisweilen durchaus sentimental, hält sich von Seniorenkitsch jedoch völlig fern.

Das ist nicht zuletzt dem herausragenden Ensemble zu verdanken, dem sich auch Michael Gambon als exzentrischer Exregisseur hinzugesellt. Während Hoffman den klugen Schachzug wählt, seine Hauptcharaktere selbst nie beim Singen zu zeigen und somit peinliche Nachsynchronisationsmomente zu vermeiden, besteht die restliche Besatzung von Beecham House aus echten Musikern, allen voran der großen Sopranistin Gwyneth Jones als Jeans einstige Hauptkonkurrentin. Und diese Künstler mit Erfahrung lässt der Neoregisseur ausgiebig musizieren.

Schließlich dürfte kaum jemand so gut wie Hoffman verstehen, wie wichtig es ist, die Leidenschaft der geliebten Berufung auch im Alter noch ausüben zu können. So ist sein später Wechsel ins Regiefach doch nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass es in den vergangenen Jahren mit Hauptrollen für den Schauspieler schlecht aussah - mit Blick auf "Quartett" muss man nun sagen: Gott sei Dank.