Die Sorgenfalten von EZB-Präsident Mario Draghi dürften nicht kleiner geworden sein, wenn er heute nach der Zinssitzung in Frankfurt vor die Presse tritt.

Unruhe an den Finanzmärkten aufgrund politischer Turbulenzen ist das Letzte, was die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihrer langsamen Abkehr von der ultra-lockeren Geldpolitik gebrauchen kann. Zumal die neuen Prognosen der Notenbank-Volkswirte erneut zeigen dürften, dass das Inflationsziel der Währungshüter ein gutes Stück entfernt bleibt. An den Leitzinsen, die bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegen, wird die EZB aller Wahrscheinlichkeit nach nicht rütteln.

Draghis Heimatland Italien im Fokus

"Wenig begeistert wird die EZB über die mit der Ankündigung Donald Trumps, Strafzölle auf Stahl und Aluminium zu erheben, wachsende Gefahr eines globalen Protektionismus-Wettlaufs sein", schätzt NordLB-Volkswirt Christian Lips. Die EU hat bereits Gegenmaßnahmen angekündigt, sollte es zu den US-Zöllen kommen. Daraufhin drohte US-Präsident Trump europäischen Autobauern wie BMW und Daimler mit Steuern auf Ausfuhren in die USA.

Darüber hinaus dürfte Draghi Sorge bereiten, dass seinem Heimatland Italien - immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone - abermals eine politische Hängepartie droht. Die EU-kritische Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtsextreme Lega haben die Parlamentswahl gewonnen. Da aber keiner der drei großen Blöcke die nötige Mehrheit erreicht, dürfte die Regierungsbildung schwierig werden. Aus Sicht der Berenberg Bank drohen Monate an Verhandlungen: "Das Risiko, dass Italien auf ein Euro-Referendum zusteuern könnte, bleibt niedrig. Dennoch ist es nicht gleich null."

Höchstens minimale geldpolitische Schritte erwartet

Die meisten Volkswirte erwarten daher, dass die Euro-Wächter heute höchstens minimale geldpolitische Schritte wagen. Die Chefvolkswirtin der norwegischen Bank DNB, Kjersti Haugland, glaubt, dass die Notenbank ihren Ausblick leicht ändert: "Die EZB wird wahrscheinlich den Passus zu einer möglichen Verlängerung/Erhöhung der Anleihenkäufe streichen." Einer Reuters-Umfrage zufolge rechnen 17 von 56 Volkswirten damit, dass der EZB-Rat diese Option aus dem Ausblick nimmt.

Die EZB hatte den Passus einst eingeführt, als die Währungsunion in eine gefährliche Spirale nach unten bei den Preisen, Investitionen und Löhnen zu geraten drohte. Diese Deflationsgefahr besteht Ökonomen zufolge aber nicht mehr - auch wenn die Inflation im Februar mit 1,2 Prozent noch deutlich unter dem EZB-Ziel von knapp zwei Prozent liegt. Allerdings ist die Wirtschaft im Euro-Raum 2017 mit 2,5 Prozent so schnell gewachsen wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Aufschwung sollte anhalten

Die neuen Wirtschaftsprognosen der Notenbank-Volkswirte dürften zeigen, dass der Aufschwung dieses Jahr weitergeht, die Teuerung aber nicht deutlich anzieht. Die EZB pumpt bereits seit drei Jahren über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren Woche für Woche Milliarden ins Finanzsystem, um für mehr Inflation zu sorgen. Aktuell gehen die meisten Volkswirte davon aus, dass die EZB die vor allem in Deutschland umstrittenen Transaktionen bis spätestens Ende 2018 einstellen wird.