Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) berät heute in Frankfurt am Main über die Geldpolitik für die Eurozone. Experten gehen davon aus, dass die EZB weiterhin an ihrer Niedrigzinspolitik und dem Anleihekaufprogramm festhält. Allerdings sind die Erwartungen hoch, dass EZB-Präsident Mario Draghi zumindest einen Hinweis auf einen baldigen Kurswechsel erkennen lässt.

Die EZB hatte den zentralen Zinssatz im März 2016 auf den historisch niedrigen Wert von 0,0 Prozent gesenkt, um mit günstigem Kapital Konjunktur und Inflation anzukurbeln. Wegen der gestiegenen Inflation steht sie aber zunehmend unter Druck, von dieser lockeren Geldpolitik abzurücken. Vor der Sitzung am Donnerstag hatten sowohl die Deutsche Bank als auch die Commerzbank einen Kurswechsel gefordert.

Nach Einschätzung von Volkswirten könnten die Währungshüter nun andeuten, dass sie ab Jänner weniger Anleihen kaufen werden. Details dürfte die EZB aber erst Ende Oktober verkünden, wenn der EZB-Rat das nächste Mal tagt. Nach bisheriger Planung will die Notenbank bis mindestens Ende 2017 monatlich 60 Milliarden Euro in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen stecken.

"Wir sehen inzwischen Anzeichen von Blasen"

Viele Banken fordern unterdessen ein Ende der Geldflut. So drängte zuletzt John Cryan, Chef der Deutschen Bank, auf eine Kehrtwende. "Die Zeit des billigen Geldes in Europa sollte enden - trotz des starken Euro", sagte Cryan bei einer "Handelsblatt"-Tagung "in Frankfurt.

Das viele billige Geld der Notenbanken habe den Finanzmärkten in den zurückliegenden Krisenjahren unbestritten geholfen, aber "die lockere Geldpolitik führt zu immer größeren Verwerfungen", sagte Cryan. "Wir sehen inzwischen Anzeichen von Blasen an immer mehr Stellen des Kapitalmarktes, an denen wir sie nicht erwartet hätten."

Die jüngste Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar könnte den Einstieg in den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik verzögern. "Mir bereitet der starke Euro Sorgen - und das nicht nur, weil er Exporte erschwert", sagte Cryan. Die Entwicklung an den Devisenmärkten könnte der EZB "als Argument dienen, die Zinsen weiterhin im negativen Bereich zu belassen". Der Notenbank-Rat kommt morgen, Donnerstag, zu seiner nächsten Sitzung zusammen.