Sie haben sich nach Ihrem Rückzug aus der Politik rargemacht. Wie geht es Ihnen, was tun Sie?
Frank Stronach: Es ist nichts perfekt im Leben, aber ich mache das Beste daraus. Es geht mir gut, ich bin gesund.
Sind die Wunden, die das fehlgeschlagene politische Engagement in Österreich verursacht haben, mittlerweile verheilt?
Es gab nie eine offene Wunde. Aber natürlich: Rückblickend würde ich heute alles ein bisschen anders machen wollen. Und vielleicht habe ich doch zu stark am Käfig gerüttelt.
Waren es handwerkliche Fehler, eine falsche Herangehensweise oder sind Sie einfach mit den falschen Leuten ins Rennen gegangen? Welche Enttäuschungen sind geblieben?
Ja, primär waren es menschliche Enttäuschungen, da habe ich mir bei manchen einen anderen Charakter erwartet. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass es Leute gab, die nicht aus ideellen Gründen dabei waren. Ich hätte einige Menschen besser kennen müssen, die Schwierigkeit war, dass ich doch nicht so oft hier war
Sie haben sich zwar von der österreichischen Politik gelöst, doch Ihr Name ist im Parlament durch das Team Stronach immer noch präsent. Wie lange noch?
Ich habe schon vor einem Jahr gesagt, dass ich bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten werde und mein Name als Partei künftig nicht mehr verwendet werden darf. Das Team Stronach wird es also nicht mehr geben. Die Parlamentarier können ihre eigene Partei gründen.
Das Problem war: Sie sind nicht als Weizer Werkzeugmacher und heimischer Wirtschaftskapitän angetreten, sondern als Amerikaner, als jemand, der seit 60 Jahren in Kanada und Nordamerika lebt, und damit in einer anderen Sprachwelt. War es diese kulturelle Entfremdung, die Ihnen zum Verhängnis wurde?
Ich bin sehr wählerisch in meinen Worten, und ja: Mir haben oft die richtigen Worte in Deutsch gefehlt, da hätte ich mich auf Englisch besser ausdrücken können. Ich bin oft missverstanden worden und habe einiges nicht auf den Punkt gebracht. Das passiert, wenn man 60 Jahre in einem anderen Land lebt.
Würde heuer vom ORF eine Einladung an Sie für das Sommergespräch erfolgen – würden Sie diese annehmen?
Ja, das würde ich noch gerne machen. Ich würde das jetzt sehr unparteiisch sehen, ich würde sagen, was ich glaube, in einer sehr zivilisierten und vernünftigen Art und Weise. Ich würde mich gerne einbringen als jemand, der in seinem Leben sehr viel Erfahrung gesammelt hat. Ich glaube zu wissen, worauf es ankommt und wie Österreich wieder zu einem wirtschaftlich guten Fundament kommen könnte. Denn ich sage immer: Wenn die Wirtschaft nicht funktioniert, dann funktioniert gar nichts.
Sie befürchten, dass Europa den Bach runtergeht. Warum?
Ganz einfach, Österreich ist ein kleiner Spieler in der Weltpolitik und die westlichen Länder sind weg von der Realwirtschaft in die Finanzwirtschaft. Man sieht das, wenn man in größere Kaufhäuser geht, man sieht kaum noch europäische Produkte, alles kommt aus Asien. Wenn wir künftig immer weniger selbst erzeugen und nur noch Warenlager haben, dann gibt es keine Arbeitsplätze.
Als Geschäftsmann kennen Sie Donald Trump. Wie bewerten Sie seine ersten 100 Tage als Präsident? Halten Sie die Ängste und Vorbehalte für überzogen?
Wir waren früher öfters in Kontakt, wir kennen uns, ich habe ihn auch kurz vor der Wahl noch getroffen und denke, dass er mich demnächst einmal anrufen wird. Ich glaube, Trump ist ein Mann mit Herz. Er sagt, er macht das, was für Amerika gut ist, und möchte, dass die Firmen in Amerika produzieren und nicht im Ausland. Andernfalls würde es hohe Steuern geben, dass es sich dann nicht auszahlt. Hat das jemand vor ihm schon gesagt? Trump macht sich Sorgen um die Arbeiter, es ist ein großes Zeichen und für mich sehr wichtig.
Sie betreiben jetzt auf 40.000 Hektar eine gigantische Bio-Farm in Florida – eine Gegenwelt zur Welt des Autobauens. Was treibt Sie da an?
Es wird immer schwieriger, gesunde Nahrungsmittel zu erzeugen. Ich will da ein Vorreiter sein, und bin deshalb stark in die Landwirtschaft eingestiegen. Ich möchte Lebensmittel ohne Chemikalien erzeugen – von Gemüse bis Fleisch. Und ich will keine Hormone und Antibiotika und keine Tiere, denen Schmerzen zugefügt und die unter Stress geschlachtet werden. Ich habe eine Fleischverwertungshalle gebaut, die sieht aus wie ein Bürogebäude, man hört und riecht nichts und man kann vom Fußboden essen. Zurzeit haben wir 8000 Rinder und werden raufgehen auf 30.000.
Wo wird es Ihre Produkte zu kaufen geben?
Wir sind im Aufbau einer eigenen Handels- und Marktkette, über die wir alle Bio-Produkte anbieten werden, auch in eigenen Spezialrestaurants. Die Firma könnte in zwei bis drei Jahren größer sein als Magna.
Wie oft sind Sie noch in Österreich?
Früher war ich fast jeden Monat hier, jetzt komme ich im Schnitt alle zwei Monate. Daheim, das ist noch immer die Steiermark. Ich besitze auch noch ein Haus in Oberwaltersdorf.
Haben Sie nach Ihrem Magna-Rückzug noch einen wirtschaftlichen Anker in der Steiermark?
Ja, eine Kernölmühle.
Ein Hobby, eine Sentimentalität?
Das steirische Kernöl ist für mich die Urquelle, ich möchte es weltweit verbreiten und werde viel in das Marketing investieren. Wenn ich einmal 130 Jahre alt bin, wird das Kernöl ganz wichtig sein.
Wie alt wollen Sie werden?
Das weiß nur Gott.
Sie schreiben ein neues Buch.
Es ist keine Biografie, sondern soll die Grundprinzipien einer zivilisierten Gesellschaft aufzeigen, in der keine Person hungern muss oder obdachlos ist und Zugang zur Gesundheitsvorsorge hat.
Also das Modell Österreich, weltweit ausgerollt?
Wenn es auf einer gesunden Basis ist. Aber nicht, wenn du so viele Schulden machst und alles geht kaputt.
Sie werden im September 85. Mit welchen Gefühlen ziehen Sie Bilanz über Ihr bisheriges Leben?
Das Alter sollte keine Last sein, es wäre traurig. Ich habe ein schönes Gefühl, wenn man sagt, man war eine gute Person, man hat etwas dazu beigetragen, dass es den Menschen ein bisschen besser geht. Und ich glaube schon, dass ich etwas dazu beigetragen habe.